Todesstrafe, Freunde und Lokalisten.de

Nachdem Xing erst vor wenigen Tagen für ihr savethesacked.com-Spiel verbal gesteinigt wurde (und im Zuge dieser verbalen Steinigung sich dazu bewegen ließ, das Spiel aus dem Netz zu nehmen), darf sich nun auch die Werbeagentur DDB Berlin die Pfeife der „Werbepannen“ anstecken. Oder sagen wir lieber: Anstecken lassen.

Die Werbeagentur kam ohne beauftragt worden zu sein auf die Idee, man könne ja für die ProSieben.Sat1-Community Lokalisten.de drei Werbe-Comic-Strips zum Thema „It’s good to have friends“ entwerfen. Einer dieser Entwürfe wird jetzt natürlich wieder im Netz zerpflückt. Es fallen die gängigen Termini: „geschmacklos“, „peinlich“, „schockierend“, „krank“, etc.

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Alper Iseri versteht die Welt nicht mehr, weil er findet, dass Todesstrafe, Lokalisten.de und „It’s good to have friends“ nicht in ein Werbe-Konzept passen.

Marcus Prosch, Unternehmenssprecher vom Hauptgesellschafter SevenOne Intermedia (ProSieben.Sat.1-Gruppe) ist zutiefst schockiert, distanziert sich sofort von dieser „Werbung“ und mahnt die Agentur auch gleich mal ab.

Und ich frage allen Ernstes: Haben wir Angst vor der Werbung oder haben wir Angst vor den Menschen, die diese Werbung beurteilen und in ihrem „moralischen“ Weltbild einzuordnen versuchen?
Diese Werbung finde ich sehr witzig, Geschmäcker gehen eben auseinander. Diese Werbung ist selbstverständlich auch sehr makaber, das war ja der Sinn an der Sache.

Da baumeln im Hintergrund zwei Strichmännchen am Galgen. Und? Einer wurde vom Henker gerettet, weil man sich kennt: „It’s good to have friends“. Wo ist das Problem? Warum schlagen manche, die das unmöglich finden und unbedingt Konsequenzen sehen wollen, nicht auch eine Anzeige gegen Monty Python vor? „Das Leben des Brian“ oder so. Ganz schlimm. Weil da Leute am Kreuz singen und Pfeifen.

Lasst die Kirche ruhig mal im Dorf, da gehört sie nämlich hin. Was uns täglich an fiktivem Mord und Totschlag im Fernsehen präsentiert wird, ist wesentlich schlimmer. Im Übrigen handelt es sich hier um einen Comic. Er ist makaber, ja, aber als Werbemittel ist das sehr gut geeignet. Ich denke da jetzt mal lediglich an die Zielgruppe. Das Xing-Spiel war genauso fiktiv. Es gab keinerlei identifizierbaren Kontakt zur „echten“ Welt. Die Burger-King-Kampagne hingegen war sehr geschmacklos, weil da „echte“ Menschen gedemütigt wurden.

Sprechen wir lieber nicht von Dingen, die Grenzen überschreiten oder von Pietät. Man ist hier niemanden auf die Füße getreten. Falsche Moral ist auch eine Moral?

Sehe ich anders. Die Werbung ist lustig, die Agentur hat das gut gemacht. Ich bin übrigens entschieden gegen die Todesstrafe und schaue gerne Monty Python. „It’s good to have friends“. Stimmt schon. Ist wirklich gut.

(5 Bewertung(en), Schnitt: 5,00 von 5)
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7 Reaktionen zu “Todesstrafe, Freunde und Lokalisten.de”

  1. völlig richtig und es widerspricht sogar den trends im online-marketing: es wird ja immer noch viel von den vorteilen viralen marketings und von guerilla-kampagnen gesprochen.
    sicherlich gehen in bezug auf viel itneressante aktionen die meinungen auseinander – das ist völlig normal. aber solange man mit den konzepten angepasst bleibt, passiert auch nicht viel in hinsicht auf virale verbreitung…

  2. Aus Sicht des Unternehmen kann ich die Aufregung durchaus nachvollziehen. Nichts gegen Virales Marketing – aber unbeauftragt eine derartige Kampagne im Namen eines Unternehmens umzusetzen ist auch etwas fragwürdig. Vor allem wenn es ein Unternehmen ist, welches von Erlösen aus Werbegeldern lebt!

  3. Diese Werbung ist geschmacklos. Sie ist absolut reißerisch. Wer das entworfen hat, ist geistig umnachtet.

    heim

  4. @Ron
    Ich kann die Aufregung nicht nachvollziehen, weil ich mir nicht sicher bin, ob man diese Nummer im Hause ProSieben wirklich so geschmacklos findet oder ob man das geschmacklos finden MUSS, wegen dem Image-Druck in der Öffentlichkeit…

  5. @ Sebastian – Ich persönlich finde die Idee nicht unrecht. Wobei es schon ein wenig arg makaber rüber kommt. Ich denke es würden sich ein Vielzahl an Ideen finden lassen, die sich auch der Öffentlichkeit gegenüber besser Vertreten lassen würden.

    Ich bleib dabei. Eine derartige Virale „Image“ Kampagne loszutreten ohne den Eigner der Plattform zu involvieren ist schon ein wenig unüberlegt.

  6. @Ron
    Damit bin ich einverstanden. Und eigentlich kann ich schon nachvollziehen, dass man sich als Unternehmen davon distanziert, wenn man so was nicht selbst in Auftrag gegeben hat. Aber ich finde es ganz furchtbar, dass sich halb Bloggersdorf mal wieder kollektiv zusammenschließt und diese Kampagnge als moralisch nciht vertretbar abwatscht.