Full-Service-Internet-Agenturen können von Startups lernen

Full-Service-Internet-Agenturen und -Dienstleister haben zwar das Geschäftsjahr 2008 laut BVDW mit 14,8 Prozent mehr Umsatz abgeschlossen, auch die Prognose für 2009 (ca. 8 Prozent) sieht gut aus, allerdings ist durch das New Media Service Ranking 2009 auch etwas bemerkenswertes zutage gekommen: Die absolute Mehrheit dieser Full-Service-Internet-Agenturen gehen bisher keinen bis wenigen Web-2.0-Aktivitäten nach. Warum?

newmedia

In den Top 10 des New Media Service Ranking 2009 befinden sich ausschließlich zwei Agenturen, die neben ihrer Webpräsenz noch hauseigene Weblogs betreiben: SinnerSchrader AG und die Euroweb Internet GmbH. Bis zur Top 50 sind es insgesamt sieben Agenturen, die eigene Weblogs betreiben, bis zur Top 100 sind es noch zwei Hand voll mehr Agenturen. Alles in allem eigentlich nicht sehr viel. Die meisten Agenturen bieten neben ihren Pressestellen auf der Webpräsenz noch Newsletter und RSS an. Das war es dann aber auch schon.

Ein absolut verschwindender Teil nutzt Twitter, geschweige denn Social Networks oder Bookmarks. Verwunderlich ist das schon. Des Weiteren nehmen sich die vorhandenen Agentur-Weblogs kaum branchenrelevanten Themen an, was inhaltlich dazu führt, PR und Firmenneuigkeiten gezielt ins Web-2.0 auszulagern. Die Weblogs, die von Full-Service-Internet-Agenturen betrieben werden, sind im wesentlichen schon aufgrund des Inhalts kaum relevant und eher als Firmentagebuch angelegt. Lediglich das SinnerSchrader-Weblog Fischmarkt bietet regelmäßig web- und branchenbezogenen Content, Kommentare oder Präsentationen, die man schon aufgrund der Leserzahlen als relevant bezeichnen kann.

Viele Agenturen bewegen sich durch dieses Branchensegment, wieso nicht auch im Web-2.0?

Insbesondere Startups benutzen das Web-2.0 um einen Branchen- und Kundenkontakt zu fördern bzw. einen solchen überhaupt erst herzustellen (neben ihren Produkten und Dienstleistungen).

iwb

Erst vergangenen Freitag war auf IWB nachzulesen, dass laut einer Umfrage (mit 374 Teilnehmern) des Preisvergleichportals guenstiger.de die Hälfte der Onlinehändler in Social-Media-Marketing investieren will. Der Grund: Zur Steigerung der Bekanntheit (wofür 68 Prozent der Befragten ein Forum, 45 Prozent ein Weblog einsetzen wollen). Foren und Blogs werden unter Onlinehändlern als besonders bedeutend angesehen. Social Networks und Social Tools stellen für viele jedoch noch Rätsel dar: Gerade mal 23 Prozent nutzen soziale Netzwerke, 18 Prozent nutzen Bookmarks.

Und zur großen Überraschung und wider des Hypes nutzen nur drei Prozent der befragten Onlinehändler Twitter. Ein Drittel dieser Händler investiert noch überhaupt keine Ressourcen in Social-Media-Marketing.

iwb2

Es ging in dieser Umfrage lediglich um Onlinehändler, die Zahlen für Full-Service-Internet-Agenturen dürften noch viel geringer ausfallen. Zumindest bei denen, die im New Media Service Ranking erfasst wurden und profitabel arbeiten.

Nun lässt sich natürlich annehmen, dass die meisten dieser Agenturen keine Investitionen in der Web-2.0-Landschaft tätigen wollen, weil man sich bereits einen Kundenkreis erarbeitet hat und bereits bekannt ist. Denkbar wäre auch, dass die Strukturen einer wachsenden Agentur ab einer bestimmten Mitarbeiterzahl komplexer werden. Ebenso könnte es an mangelndem Interesse (nicht unbedingt Arroganz) oder gar an einem Web-Generationskonflikt liegen. Viele größere und ältere Agenturen haben sich möglicherweise schwer damit, denn Nutzen in Social-Media-Aktivitäten zu sehen oder haben gar ein Verständnisproblem mit diesen.

In dieser Hinsicht können größere Agenturen aus diesem Segment viel von Startups oder webaffinen Agenturen lernen. Natürlich wäre bei größeren Playern nicht der Sinn in diesen Aktivitäten den Bekanntheitsgrad zu erhöhen, zumindest nicht primär. Aber wer in diesem Segment tätig ist, sollte solche Möglichkeiten auch nutzen. Aus meinem Blickwinkel ist es schon befremdlich, dass Internet-Agenturen zwar redaktionellen Support und Blogaufbau anbieten, jedoch selber nichts anbieten. Das wäre in etwa so, als würde der Fleischer um die Ecke Veganer sein. Natürlich kann er hervorragende Produkte und Beratung anbieten, aber er ist selbst kein Konsument. Was kann er dann über Geschmack und Geschmacksunterschiede schon sagen?

So ist das auch mit Internet-Agenturen, die Full-Service anbieten. Weblogs, Twitter, Bookmarks und soziale Netzwerke bieten eine hervorragende Möglichkeit zum Offenlegen der eigenen Arbeit an, Orientierungsmöglichkeiten im Web oder bei Produkten und Dienstleistungen. Transparenz und Vertrauen kann durch qualitativ gute (und relevante) Arbeit im Web-2.0 bestens gefördert und ausgebaut werden. Das Licht fällt auf die Agentur zurück.

Wenn nicht Full-Service-Internet-Agenturen, wer dann?

Ich würde übrigens eine Umfrage bezüglich Web-2.0-Aktivitäten und Investitionen auch unter solchen Agenturen gerne mal sehen.

Übrigens mal in eigener Sache: Was das New Media Service Ranking und den darin gelisteten Full-Service-Internet-Agenturen angeht, ist Handelskraft anscheinend hinter Fischmarkt.de von SinnerSchrader auf Platz 2, was Leserschaft und relevanten Inhalt angeht (da Handelskraft.de das Firmenblog der Social Commerce Agentur dotSource ist).

(3 Bewertung(en), Schnitt: 5,00 von 5)
Loading...

6 Reaktionen zu “Full-Service-Internet-Agenturen können von Startups lernen”

  1. Web 2.0 ist ein gutes Stichwort: Hat die DotSource das Portal Newskraft.de eingestellt, oder warum finde ich dort nur eine Weiterleitung zur Schwesterfirma Preisbock?

  2. Hallo Max,

    die dotSource hat das Projekt Newskraft vor einiger Zeit eingestellt, das ist korrekt. Der Entwicklungsstop war schon vor einiger Zeit, das Portal stand noch online und wurde dann offline genommen. Und um einer Frage voraus zu greifen: Nein, durch die Einstellung dieses Projekts hat niemand seinen Job verloren. Die Entwickler von Newskraft wurden für andere Projekte abgezogen und haben mit der Entwicklung von Newskraft einiges gelernt :) .

  3. Interessanter artikel, das ist ein sehr aktuelles thema. Was mir dabei auffällt ist, dass sog social-media-marketing oftmals nur halbherzig betrieben wird und das könnte doch auch nach hinten los gehen.

  4. @Karsten
    Das liegt vermutlich bzw. vor allem daran, dass Social Media Marketing noch nicht wirklich messbar ist, also inwiefern Bemühungen und Investitionen (ob monetär oder HR) Wirkungen zeigen. Social Media Marketing erfordert wahrscheinlich auch eine neue Definition des Marketingverständnisses. Gängige Strategien kommen meistens nicht zum erwarteten Ziel. Social Media Marketing, wobei mir die Begrifflichkeit überhaupt nicht gefällt, erfordert neue Strategien, die meiner Meinung nach in der Praxis noch nicht erfolgreich getestet wurden. Das beste Beispiel sind eben die obigen Ausführungen. Inwiefern Investitionen in diesem Bereich auch Geld bringen, ist möglicherweise auch irrelevant, da die Aufmerksamkeit selbst die Währung ist.

    Möglicherweise ist das auch der Grund, weshalb solches Marketing bisher halbherzig betrieben wurde. Die meisten haben vielleicht noch keinen Kontakt zum Netz, obwohl sie sich in diesem bewegen.