Nachgefragt: froodies.de gibt Einblicke in den Online-Lebensmittelmarkt

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» Wir haben uns gesagt: Ein zentraler Ansatz kann es nicht sein, wir müssen mit lokalen Händlern kooperieren. «

Während sich der Onlinehandel mit Lebensmitteln in der Schweiz mit LeShop und in Großbritannien mit Tesco etabliert hat, läuft dieser hierzulange gerade erst an. Einige Anbieter wie Froodies.de, Rewe mit seinem Service Rewe Express oder Edeka mit Edeka24, versuchen mit ihrem Lieferservice Marktanteile zu sichern. Seit einigen Wochen hat Amazon sein Sortiment erweitert und vereint einige Anbieter für Lebensmittel auf einer Plattform.

Lutz PreußnersAufgrund der zunehmenden Popularität des neuen Absatzweges fragte Jochen Krisch erst kürzlich auf Exciting Commerce: „Wer knackt den Online-Lebensmittelmarkt?“ und regte damit eine lebhafte Debatte an.

Wir haben uns dafür interessiert, wie Geschäftsprozess bei einem Online-Lebensmittelhändler ablaufen können und haben dazu Lutz Preußners, Geschäftsführer von froodies.de befragt:

Bei der enormen Dichte der Supermarktketten: Was glauben Sie, wer kauft Lebensmittel online?

Ganz einfach ausgedrückt: Jeder der die klaren Vorteile eines Internetkaufs erkennt.

Wir schenken dem Kunden letztendlich Zeit. Zeit, die er für andere, ihm wichtigere Dinge nutzen kann. Dazu kommt der hohe Convenience-Faktor der einfachen und bequemen Onlinebestellmöglichkeiten, unabhängig von Öffnungszeiten. Das mühsame Schleppen und der Einkaufsstress fallen auch weg.

Nach unseren Erfahrungen im ersten Jahr sind unter den Käufern der Lebensmittel, die wir anbieten, in erster Linie sehr viele Berufstätige, die einfach per se wenig Zeit haben, junge Familien mit Kindern und ältere Menschen, für die ein Einkauf einfach anstrengend ist, weshalb sie die Vorzüge des persönlichen Lieferservices zu schätzen wissen.

Sie beliefern auch Unternehmen…

Ja, das ist dann die vierte Kundengruppe. Im Rahmen unserer Kapazitäten als Einzelhändler beliefern wir kleine und mittelständische Unternehmen, die ihre Mitarbeiter versorgen oder Lebensmittel für Kundenevents brauchen.

Wenn ein Lebensmittel verdorben ist, wird es im Supermarkt nicht gekauft. Bei einer Lieferung muss ich das verdorbene Produkt vorerst behalten. Wie meistert froodies diesen Umstand.

Selbstverständlich achten wir bei der Kommissionierung der Waren mit Nachdruck darauf, dass wir nur Lebensmittel mit ausreichend langem Mindesthaltbarkeitsdatum liefern. Unser Ziel ist es, dass der Kunde die Ware in dem Zustand erhält, als hätte er selber eingekauft, was in der Regel auch gut funktioniert. Falls es doch zu Reklamationen, z.B. durch Beschädigungen beim Versand, kommen sollte, reagieren wir schnell und kulant und schreiben dem Kunden den beanstandeten Artikel natürlich gut.

Wie erfolgreich ist froodies.de momentan?

Wir sind seit 15 Monaten auf dem Markt und sehr zufrieden, wie sich das Geschäft entwickelt hat. Wir merken, dass ein Bedarf da ist, wir haben ein kontinuierliches Bestellmengen- und Umsatzwachstum. Außerdem haben wir mit der Kooperation mit Amazon ganz klar an Reichweite zugelegt. Wir sind einer der wenigen Vollsortiment-Anbieter dort, was heißt, dass fast alle froodies-Produkte mit Ausnahme von TK-Waren und Getränkekisten auch über Amazon bestellt werden können. Letztendlich glaube ich in Bezug zu dem Erfolg, dass das große Potential in den Großstädten zu finden ist, in welche wir unseren Lieferservice ausweiten wollen. Bis zum Jahresende sind zwei weitere Städte neben Dortmund geplant.

Warum gerade in Großstädten?

Ich glaube, dass ein eigener Lieferservice nur in Großstädten und Ballungzentren Sinn macht. Es ist nicht rentabel und auch nicht umsetzbar, jedes kleine Dorf anzufahren. Dafür gibt es aber die Alternative des Paketdienstes, die wir anbieten. Wir arbeiten da mit den Paketdienstleistern DHL und DPD zusammen und versenden sowohl national als auch international.

Welche Zielgruppe kauft Lebensmittel aus dem Ausland?

In erster Linie Expatriates, d.h. Personen aus Deutschland, die im Ausland leben und ihre bekannten Produkte vermissen, wie zum Beispiel Schwarzbrot, Kinderschokolade etc.

Wie gestaltet sich die Logistik in Bezug zu der Haltbarkeit der Produkte?

Bei dem persönlichen Lieferservice werden die Lebensmittel innerhalb von wenigen Stunden zugestellt. Bei dem Paketversand ist die Haltbarkeit in der Tat eine Herausforderung, da wir unterschiedlich sensible Waren verschicken. – Das geht los bei Konserven, die relativ unkompliziert zu verpacken sind über Glasflaschen, die mehr geschützt werden müssen bis hin zu frischen kühlpflichtigen Produkten, wie Obst und Gemüse oder Milchprodukte, für die wir spezielle Isolierboxen und Kühlmaterialien verwenden. So können wir gewährleisten, dass beispielweise die gesetzlich vorgeschriebene Kühlkette eingehalten werden kann.

Karl-Erivan Haub, Geschäftsführer von Tengelmann warnt vor zu viel Euphorie hinsichtlich des Verkaufs von Lebensmitteln online. Als schwierige Hürde sieht er die geringe Marge und den niedrigen Preis, den die Käufer erwarten. Wie gehen Sie mit diesen Hürden um?

Als wir das Konzept ausarbeiteten, haben wir uns angeschaut, welche Hürden vor uns liegen. Beziehungsweise haben wir über die Gründe nachgedacht, warum es in der Vergangenheit bei dem einen oder anderen nicht geklappt hat, zum Beispiel bei OTTO vor zehn Jahren oder bei webvan aus den USA – dies sind die Klassiker für ein nicht funktionierendes Online-Geschäft gewesen.

Der kritische Erfolgsfaktor sind ganz klar die Fixkosten, speziell im Logistikbereich. Das ist der Grund warum wir, erst recht als Start Up,keineflächendeckend großen Lager aufbauen, aus denen die Kunden bedient werden. Wir haben uns gesagt: „Ein zentraler Ansatz kann es nicht sein, wir müssen mit lokalen Händlern kooperieren“. Für diese bieten wir mit unserem Shop einen komplett neuen Absatzkanal. – froodies liefert den Shop für den jeweiligen Händler und wir können im Gegenzug auf das Sortiment zurückgreifen. Für die lokalen Händler ist dies ein Zusatzgeschäft. Diese können somit ihre Reichweite vergrößern. Und wir haben im Gegenzug deutlich reduzierte Logistikkosten.

In der Schweiz hat sich der Online-Lebensmittelhändler LeShop bereits etabliert und auch in Großbritannien ist der Onlinehandel am wachsen, z. B. mit Ocado oder Tesco, was ist anders auf dem deutschen Markt?

Die genannten Händler sind erstmal deutlich länger auf dem Markt und haben über die Jahre wertvolle Informationen sammeln können. Tesco hat einen ähnlichen dezentralen Ansatz wie wir. – Der Kunde bestellt und wird dann aus einer nahe gelegenen Filiale beliefert. Ich glaube aber, dass in Deutschland die Voraussetzungen schwieriger sind, einfach aus dem Grund, da der deutsche Verbraucher per se sehr preisbewusst ist und weil die Supermarktdichte hier höher ist, als in anderen Ländern. Diesen Herausforderungen begegnen wir, indem wir die Preise auf Supermarktniveau halten. Die Konsumenten vergleichen aktuell noch nicht zwischen einzelnen Online-Händlern, sondern mit dem stationären Handel – und da müssen wir mit unseren Preisen konkurrenzfähig bleiben. Den Aspekt der Supermarktdichte halte ich nur für beschränkt relevant, da wir uns an andere Kundengruppen richten. Eben diese für die der Faktor Zeit, Convenience und der Servicegedanke wichtig ist. Zudem ist auf dem Land eine Dichte an Supermärkten nicht immer gegeben, der Versand ist hier eine interessante Alternative.

Wird der Online-Lebensmittelhandel zukünftig den Verkauf in Supermarktketten überflügeln?

Nein, sicherlich nicht. Dazu ist zu sagen, dass der Lebensmittelmarkt mit ca. 150 Mrd. Euro Umsatzder größte überhaupt ist. Ich glaube nicht, dass es jemals dazu kommen wird, dass mehr als 50% davon online gehandelt wird. Aktuelle Zahlen der GfK gehen von ca. 4-5% aus und das sind immerhin schon mal. 6-7 Mrd. Euro. Zudem gibt es in Deutschland im Gegensatz zu anderen Ländern noch keinen nennenswerten überregionalen Anbieter. Hier ergibt sich für froodies eine große Chance, die wir nutzen wollen.
Vielen Dank für das Interview!

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5 Reaktionen zu “Nachgefragt: froodies.de gibt Einblicke in den Online-Lebensmittelmarkt”

  1. In einem Punkt muss ich Froodies etwas widersprechen. Tesco hat anfangs von dezentralen Lägern aus gearbeitet. Der ERFOLG!!! hat das aber später hinderlich gemacht, weil mehr Mitarbeiter als Kunden mit Einkaufswagen am kaufen/kommissionieren waren. Deshalb gibt es jetzt ein sehr großes Zentrallager im Süden von London und ein weiteres wird gerade eröffnet.

  2. Früher oder später wird froodies übernommen werden – Chancen sich auf dem Markt zu behaupten ham’se sowieso eh nicht, weil froodies schlicht keinen Service bietet.