Glosse: Amazon heiratet Facebook. Das Daten- und Empfehlungschaos…

Aktuell zur Diskussion auf Basic Thinking aufgeworfen: Amazon erstellt Empfehlungen aufgrund der Datenauswertung von Facebookprofilen und bezieht auch die Daten der Freunde in dem Sozialen Netzwerk mit ein. „So eine Unverschämtheit“, denken sich die Datenschützer – So wird in den letzten Tagen geschimpft, was das Zeug hält. Aber Vorsicht! – Es werden nur die Daten ausgewertet werden, die bereits schon auf Facebook veröffentlicht sind. Selbst daran schuld lieber Herr Gesangsverein! – Oder etwa doch nicht?

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Viele sehen ihr Profil in dem Sozialen Netzwerk als privaten Raum an, auch wenn dieser öffentlich gemacht wird, ungefähr vergleichbar mit einem Haus, in das nur Personen eingeladen werden, die der Hausbesitzer selbst bestimmt. Und nun kann man noch nicht einmal mehr vor seinen Freunden sicher sein, die Daten achtlos an Amazon weitergeben, die nicht durch die Privatsphäreneinstellung gesichert werden. Aber: Wie viel Sinn macht es im Glashaus zu sitzen und dennoch mit Steinen zu werfen, anstatt Farbe für die Wände zu fordern? Vielleicht ist es sogar nützlicher einfach mal die Wände nach der eigenen Fasson zu streichen und seine frohe Botschaft zu verbreiten? Mir wäre es lieber, wenn eine Diskussion auf dieser Basis ablaufen würde, anstatt nur ohne konstruktiven Ansatz dagegen zu sein („Keine Amnesie für die Dystopie“) oder zu hoffen, dass der gute Herr Zuckerberg nach mehrmaligem bitten mal endlich das „böse“ Facebook weg macht. (der Herr Internet könnte dann auch gleich das Web 2.0 abschalten)

Aber mal weg von der datenschutzrechtlichen Dimension. Verständlich ist, dass Amazon bei der Menge an unterschiedlichen Produkten die Kunden spezifisch ansprechen möchte. Bei einigen Artikeln ist dies durchaus sinnvoll, so werden mir, wenn ich einen iPod angeschaut habe, alternative oder zusätzliche Produkte empfohlen.

Bei anderen Empfehlungen stößt Amazon jedoch an seine Grenzen. Nachdem ich ein Buch zum Thema wissenschaftliches Arbeiten gekauft habe, werden mir nun ständig Bücher zu dem gleichen Thema angezeigt – quasi dasselbe nur in grün. Ständig die Bücher von ein und demselben Autor angezeigt zu bekommen,  ist hingegen wieder Geschmackssache.

Auf diese Probleme wurde anscheinend auch Amazon aufmerksam, wahrscheinlich einer der Gründe, weshalb sich die Plattform neuerdings mit Facebook liiert hat. Einige Stimmen gibt es bereits, die mit den Empfehlungen sympathisieren. Ist auch verständlich, denn der Anreiz besteht darin, Empfehlungen zu bekommen, die dem Nutzer unbekannt sind, aber dennoch gemocht werden, weil einer der Freunde etwas mag. Mir graut es noch davor Utensilien für Katzen, Strickwaren oder  diverse Schnulzensongs in meiner Empfehlungsliste wieder zu finden.

Ein anderes Kuriosum der Empfehlungspolitik von Amazon lässt sich nach der Einführung von Lebensmitteln finden.  Kürzlich bei t3n: Jan Tißler pointierte die dortige customer who purchased-Funktion.  „Kunden die Kopfsalat kaufen, kaufen auch Krustenbrot“.  Vor einigen Tagen selbst getestet und ebenso fündig geworden: „Wer Bio Zitronenkuchen kauft, kauft auch „the calling of the grave“ von Simon Beckett.

Ich bin gespannt auf die weiteren Entwicklungen und wünsche noch eine schöne Henkersmahlzeit!

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Siehe auch:

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Eine Reaktion zu “Glosse: Amazon heiratet Facebook. Das Daten- und Empfehlungschaos…”

  1. Guter Punkt, es werden nur Daten ausgewertet, die bereits auf Facebook verfügbar sind. Einen guten Überblick darüber, was Nutzer auf Facebook frei zugänglich machen, liefert: https://www.facebook.com/directory Da stellt sich doch fast nur noch die Frage, wann und nicht ob die Daten freigegeben werden.

    Was die Lebensmittelempfehlungen auf Amazon angeht, da habe ich ähnlich Erfahrungen gemacht: Die offensichtlich so gesunden Bananenkäufer greifen gerne zum Vanillepudding. Etwa heimlich? http://blog.gelbzucht.de/index.php/rezensionssatire-bei-amazon-lebensmitteln/