Warum die Verlagsbranche neue Wege beschreiten muss – aber nicht kann

Bücher GrafikEs mutet schon paradox an: Einerseits zählen Bücher zu den Gütern, die im E-Commerce als die Produkte mit dem größten Wachstumspotenzial gehandelt werden, neben Mode, Kosmetik und Möbeln. Andererseits wird immer wieder festgestellt, wie groß der Nachholbedarf der Buchbranche ist, was das Internet, E-Commerce und Social Media angeht.

Es stellt sich jedoch die Frage, ob es sich dabei wirklich um einen Nachholbedarf handelt, dem schlichtweg nicht nachgegangen wird. Es gibt eine ganze Handvoll Gründe, warum es sich hier nicht so einfach verhält, wie in anderen Versandhandelssparten, was ich im Folgenden ausführen möchte.

Nimmt man Mode als Beispiel: Um auf den klassischen Vertriebswegen und im Internet gut aufgestellt zu sein, passen die Händler ihre Strategie an die neuen Anforderungen an, damit sie der Offensive der neuen Player mit reiner Onlinestrategie begegnen können. Wichtig dabei ist auch, die Logistik dem Tempo des E-Commerce anzupassen und sich für die sozialen Netzwerke zu öffnen.

Wer so handelt, macht schon vieles richtig. Warum gilt das nun nicht für den Buchhandel? Der Grund: Das Geschäft mit der Mode ist leichter skalierbar als das mit Büchern. Bei letzterem gibt es nämlich einen Beteiligten, der eigentlich zentral ist, bei der Diskussion um neue Strategien jedoch häufig vergessen wird: Der Autor.

Besonderheiten der Verlagsbranche

Während bei der Mode „nur“ die Farben, Schnitte und Accessoires wechseln, ist für ein Buch jedes Mal eine originäre kreative Leistung von Nöten. Diese bildet die Basis des Ganzen. Die Verlagsbranche lässt sich daher nicht so einfach „entwickeln“.

Da Bücher nicht wie Kleidung einfach in kürzeren Zyklen gefertigt werden können, sondern in einem meist mehrjährigen Schaffensprozess entstehen, ist es auf lange Sicht schwer zu beantworten, ob der Buchmarkt überhaupt ein Wachstumsmarkt sein kann.

Hinzu kommen die Buchpreisbindung und das Urheberrecht als externe Rahmenbedingungen, die dafür sorgen, dass der Buchhandel weit weniger flexibel ist als andere Bereiche.

Jeder Autor ist anders, nicht nur was Qualität der Texte und Veröffentlichungsfrequenz angeht, sondern auch bezüglich seiner Offenheit gegenüber neuen Medien und Technologien. Wenn es der Wunsch eines Autoren ist, dass sein Buch ausschließlich gedruckt und gebunden erscheinen soll, führt daran kein Weg vorbei. Ob das nun der ideale, marketinggerechte Weg ist oder nicht.

Aber genau das ist es ja, was die Faszination von Büchern ausmacht, sie sind persönliche Werke der Autoren. Schreiben ist ein kreativer Prozess, der mit der individuellen Weiterentwicklung des Autors einhergeht. Diese lässt sich nicht planen.

Es ist bei Verlagen üblich und wichtig, junge Autoren in ihrem Repertoire zu haben und diese über die Jahre aufzubauen. Sowas lässt sich auch im Zuge der Technologisierung nicht ersetzen oder beschleunigen.

Für langjährige, individuelle Entwicklung ist kein Platz mehr, wenn man Multi-Channel und Social Media Strategien, die woanders funktionieren mögen, in die Verlagsbranche hineinpresst und auf das Beste hofft.

Fazit

Resümee des Ganzen ist nicht, dass eine Weiterentwicklung generell nicht möglich ist – sie ist es nur in der jetzigen Form nicht.

Es braucht ganz neue Ideen, am besten von den Autoren selbst, denn sie sind der Kern des Prozesses. Es müssen Lösungen gefunden werden, die auch für sie funktionieren, im Idealfall sogar inspirieren. Ansätze zur Modernisierung des Buchhandels sollten daher nicht nur dem Verkauf, sondern auch der kreativen Freiheit der Autoren dienen.

Welche Ansätze es schon gibt, erfahrt ihr nächste Woche in einem weiteren Artikel zum Thema Buchhandel.

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