5 Vorwürfe gegenüber E-Commerce

Während am Jahresende die optimistischen Prognosen und die ersten Erfolgsmeldungen zu Weihnachts-Rekordumsätzen nicht abreißen, gehen negative Befunde zum Thema E-Commerce fast unter. Dabei wäre es schade, wenn das E-Commerce Jahr 2012 in Selbstbeweihräucherung endet, ohne auf die immer wieder geäußerten Bedenken und Vorwürfe gegenüber den Praktiken (und Folgen) des Onlinehandels einzugehen.

Für folgende 5 Probleme müssen 2013 bessere Strategien gefunden werden:

1. Schlechte Arbeitsbedingungen in der Logistik

Erst diese Woche wurde bekannt, dass der typische Lagerarbeiter bei Amazon täglich gekündigt werden kann. Leiharbeitsverträge, kurze Pausen und Überwachung – es ist nicht das erste Mal, dass auf die mitunter katastrophalen Arbeitsbedingungen in den Logistikzentren von E-Commerce Unternehmen hingewiesen wird.

Im Sommer 2012 sah sich Zalando mit einem Shitstorm konfrontiert, nachdem die menschenunwürdige Situation in den Logistikzentren in einer ZDF Reportage aufgedeckt wurde. Enthüllungsjournalist Günter Wallraff wies, nachdem er für eine Reportage als Paketzusteller bei GLS-Logstics gearbeitet hatte, auf lange Arbeitszeiten bei Dumpingslöhnen von 3-5 Euro pro Stunde hin.

2. Anstieg privater Verschuldung

In diesem Jahr ist laut dem „Schuldneratlas Deutschland 2012“ die Zahl der privaten Schuldner auf über 6,6 Millionen Bundesbürger gestiegen. Hauptmotor sei Onlineshopping, da „fehlgeleiteter Konsum“ durch die Anonymität des Internets begünstigt wird. Online neigen Kunden demnach stärker dazu, Dinge zu kaufen, die sie sich nicht leisten können. Immer häufiger sind auch Frauen verschuldet.

Um „Kostenfallen“ im Internet einzudämmen, wurde am 1. August 2012 die Button Lösung eingeführt, durch die kostenpflichtige Angebote mit „zahlungspflichtig bestellen“ oder „Kaufen“ eindeutig gekennzeichnet werden müssen. Weitere Eingriffe von staatlicher Seite im Sinne des Verbraucherschutzes erscheinen angesichts der wachsenden Verschuldung in der Bevölkerung wahrscheinlich.

3. Sicherheitsbedenken

Trotz der breiten Akzeptanz von Onlineshopping bereitet es vielen Kunden noch immer ein mulmiges Gefühl, persönliche Daten und Bankverbindungen an einen ihnen unbekannten Shop weiterzugeben. Und nicht ganz zu Unrecht, es werden immer wieder Datenpannen bekannt. Beispielweise wurden bei einem Hackerangriff im August 2012 Bestell- und Adressdaten von 400.000 Kunden des Online-Brillenhändlers Mister Spex gestohlen.

Dieses Misstrauen schadet auch dem Umsatz: Bei der Befragung Vertrauen beim Online-Einkauf der Initiative D21 und des bvh gaben 41 Prozent der Nicht-Onlineshopper an, aus Angst vor Datenmissbrauch auf den Kauf im Internet zu verzichten.

4. Angst vor Strukturwandel

Zugegeben, wir haben in diesem Jahr schon herzlich über dieses Thema gelacht. Im E-Commerce Elfenbeinturm ist es kaum vorstellbar, doch gibt es Initiativen, die sich gegen den Onlinehandel richten. Viele Menschen haben Angst, dass die Innenstädte in Zukunft leer bleiben, stationäre Händler fürchten, dass Geschäfte zu Showrooms verkommen.
28 Prozent der Bevölkerung machen sich Sorgen um regionale Arbeitsplätze.

Dass E-Commerce auch Arbeitsplätze schafft und dass durch lokale und mobile Services die Verknüpfung des Onlinehandels mit stationären Geschäften angestrebt wird, ist noch nicht in der Masse der Bevölkerung angekommen.

5. Kunden werden unrealistische Ansprüche anerzogen

Erinnert sich noch jemand an den ursprünglichen Zalando Slogan „Schrei vor Glück … oder schicks zurück!“? Den kürzte der Fashionversender in diesem Jahr nämlich auf die jetzige Variante. Grund waren nicht mehr beherrschbare Retourenquoten von bis zu 70 Prozent.
Hier wurden Erwartungen bei Kunden geweckt, die sich im Nachgang als geschäftsschädigend herausstellten.

Das ist im E-Commerce kein Einzelfall. Stets wird der Eindruck vermittelt, dass einfach alles möglich ist. Dank Same-Day Delivery auch sofort.
Immer schneller kommt allerdings auch die Meinung enttäuschter Kunden. Jüngstes Beispiel ist der Shitstorm, der gerade Otto ereilt, nachdem Bestellungen storniert wurden, bei denen Kunden dank eines Fehlers unbegrenzt Gutscheine einlösen wollten. Die Empörung, die sich nun auf Facebook entlädt, macht deutlich, wie unrealistisch die Erwartungen an den Onlinehandel inzwischen sind.

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Eine Reaktion zu “5 Vorwürfe gegenüber E-Commerce”

  1. schöner Beitrag – als Online-Händler fallen mir folgende Antworten ein:

    1) woanders (günstiger) als bei Amizone einkaufen.
    2) nur kaufen was man sich leisten kann (wer bringt’s bei…?)!
    3) Daten-Vermeidung, Daten-Vermeidung & Daten-Vermeidung…
    4) „das Volk“ „soll“ immer Angst haben, egal was wie läuft X (
    5) Marketing-Manager wie Bankräuber behandeln = einsperren ; ))

    ps: man lese nur mal die „freudigen“ Kunden-Meinungen zum Thema „kostenloser Versand“ auf Amizone oder denke sich alle Schuh-Höker-Retouren-Einlieferer in der „Post-Schlange“ weg = schöne Online-Welt ; )