Vier Überlebensstrategien jenseits von Amazon

Bear in Yellow Stone Park
Foto: YellowstoneNPS
In seinem Essay E-Commerce is a Bear beschäftigt sich Bonobos-Gründer Andy Dunn mit der Frage, auf welche Weise E-Commerce Unternehmen ihre Geschäftsmodelle gestalten müssen, um gegenüber Amazon bestehen zu können.
Wie entzieht man sich dem Preis- und Verdrändungswettbewerb, der überall einsetzt, wo der Versandhandelsriese auftaucht? Die einzigen ernsthaften Wettbewerber, die ähnliche Strategien wie Amazon verfolgten – Zappos und Quidsi – wurden übernommen.
Aufgrund des Tempos, der Reichweite, Sortimentsbreite und Skaleneffekte ist es aussichtslos, sich mit Amazon zu messen. Ein Problem, das vor allem reine Händler umtreibt. Andy Dunn bringt es in seinem Essay auf den Punkt:

» If you’re selling other people’s brands, you are competing not via a local group of competitors but with everyone. «

Ausgehend von diesem Grundproblem, der ständigen Bedrohung durch den „Grizzly“ Amazon, definiert er vier Strategien, mit denen man auch langfristig nicht im Gebiet des Alpha-Tiers wildert.

1. Sonderpreis-Strategie

Sonderpreise für exklusive Produkte bieten, die nur für kurze Zeit und in begrenzter Menge verfügbar sind – so etwa lässt sich das (aktuelle) Geschäftsmodell von fab charakterisieren. Die Designplattform ist ein Paradebeispiel für diese Strategie, die aufgrund der enormen Wachstumspotenziale auch Risiken birgt. Kein Marketinginstrument wirkt kurzfristig so attraktiv wie ein guter Preis, doch wie schafft man es, die Maschine in Gang zu halten, wenn bei den Kunden der erste Kaufrausch nachlässt?

An Möglichkeiten, sich in eine andere Richtung zu profilieren, mangelt es jedenfalls nicht, wie die folgenden drei Beispiele zeigen.

2. Nischenstrategie: Einzigartige Produktauswahl

Die klassische Nischenstrategie setzt darauf, ein thematisch begrenztes, dafür aber in die Tiefe gehendes Sortiment anzubieten. Das Geheimnis liegt hier in der an einer bestimmten Ziel- bzw. Interessengruppe ausgerichteten Zusammenstellung. Die Produkte können dabei auch von Dritten stammen, der Reiz solcher Shops liegt darin, dass es sehr aufwendig wäre, die Produkte auf anderen Wegen zu finden und getrennt zu bestellen. Tolle Präsentation, Content und lebendige Communities runden das Bild ab.

3. Einzigartiges Kauferlebnis

Diese Geschäftsideen setzen den Fokus auf die Art, wie wir kaufen, und denken diese neu. Dazu zählen innovative Geschäftsmodelle wie Curated Shopping, Abo-Modelle oder Celebrity Commerce. Auch hier müssen Preis und Sortiment stimmen, stehen aber nicht im Vordergrund, vielmehr das Erlebnis und die Herangehensweise zählen.

4. Einzigartige Produkte

Hier ist der Fall klar – indem ein Unternehmen eigene Produkte unter eigenen Marken anbietet, müssen Kunden sie dort kaufen. Hier sieht sich Andy Dunn mit Bonobos als Hersteller von Herrenmode selbst. Auf diese Weise behält man die Kontrolle über die Preise und steht nicht mit anderen Händlern mit identischen Produkten in Konkurrenz.
Am Ende des Tages handelt es sich bei dieser Strategie um den klassischen Aufbau einer Marke, die online vertrieben wird. Das dauert naturgemäß länger als die anderen drei Strategien, weshalb hier mit den größeren Marketingkosten gerechnet werden kann. Schließlich muss die Marke erst aufgebaut werden.

Fazit – Gemeinsamkeiten der Strategien:

Dunn’s Essay ist eine treffende Zustandsbeschreibung und Zusammenstellung der Probleme gelungen, die E-Commerce-Einsteiger, Händler und Hersteller umtreiben: Was das Sortiment betrifft, kommt es immer stärker auf Selektion an. Weniger ist mehr, statt mehr ist mehr – Amazon und eBay gibt es ja schon. Stattdessen geht es immer stärker um die Produkte und wo sie herkommen. Hersteller sind hier klar im Vorteil, während reine Händler aufgrund mangelnder Kundentreue und des zunehmenden Preiskampfes das Nachsehen haben. Wer nicht mit außergewöhnlichen Produkten, Preisen oder Selektionen glänzen kann, hat die Möglichkeit, in Sachen Shopping-Erlebnis herauszustechen.

via excitingcommerce.de

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3 Reaktionen zu “Vier Überlebensstrategien jenseits von Amazon”

  1. Sehr gute Zusammenfassung der fortwährenden Problematik, sich gegen Amazon, eBay, Rakuten und Shops der Otto Gruppe zu behaupten, bzw. sich sinnvolle Alternativen zu suchen. Seitdem wir unsere Preissuchmaschine betreiben, haben wir einige Tausend Shops geprüft, aufgenommen und Produkte gelistet. Je schlechter der Shop, je allgemeiner die Ausrichtung und das Sortiment, und je wahrscheinlicher die Produkte bei den großen Marktplätzen und Shops zu finden waren, umso höher war auch die Wahrscheinlichkeit, das wir diesen Kunden nicht lange behalten würden. Hingegen gibt es sehr spezielle Shops mit wenigen Produkten, einem kleinem aber intelligenten Sortiment oder mit eigenen Marken die wir bis heute begleiten. Der Voraufwand lohnt sich also immer mehr, ggf. auch sogar eigene Marken aufzubauen oder Shops mit Mehrwert zu entwickeln. Über den Preis geht natürlich auch heute noch der Verkauf, allerdings ist dieser definitiv zweitrangig geworden. Vertrauen, Versandkosten und Dauer sind neben dem weiteren Sortiment besonders wichtig. Die meisten Kunden wollen nicht in zwei oder mehr verschiedenen Shops einkaufen und eventuell damit sogar mehrfach Versandkosten bezahlen.

  2. Absolute Zustimmung – nur so kann es gehen. Ich möchte noch ergänzen, dass es sich für die Anbieter „jenseits von Amazon“ durchaus lohnen kann, den Fokus mehr auf das Thema „Kundenbindung“ zu richten. Schließlich ist Kundenbindung günstiger als Neukundengewinnung. Entweder, in dem man einen besseren Service bietet oder auch indem man die klassischen Instrumente der Kundenbindung (Bonusprogramm etc.) einsetzt.