Jenseits der Shareconomy: Wie nachhaltig ist IKEA noch?

Ikea hat Nachholbedarf in Sachen Nachhaltigkeit
Foto: midorisyu
Kinderfreundlich, emanzipiert, weltoffen, umweltfreundlich vor allem nachhaltig – in diesem Licht sieht sich der schwedische Möbelhersteller gern selbst. Damit die Kunden die heile Welt nicht hinterfragen, bedient man sich geschicktem Storytelling. Dass hier nicht alles grün ist, was grün erscheint, wurde bereits vor vier Jahren in einem Enthüllungsbuch eines Ex-Mitarbeiters aufgedeckt und ist in den Kreisen der „Lohas“ und unter Fans der Shareconomy längst bekannt.

Ihr Konsumverständnis findet in den letzten Jahren immer mehr Zulauf. Daher stellt sich die Frage: Wie lange kann sich IKEA angesichts zunehmend kritischer Kunden noch als Konzern, der eigentlich nur die Welt retten will, verkaufen? „Was kommt nach IKEA?“ fragte dementsprechend der Hartz-IV-Möbel-Designer Van Bo Le-Mentzel letzte Woche in seinem Vortrag auf der Swedish Design-Ausstellung in Hamburg.

Grün sind vor allem die Produkte

Ein Blick auf die Nachhaltigkeits-Seite auf IKEA.de zeigt: Umweltfreundlich sind hier vor allem die Produkte. Das sind Energie-effiziente Haushaltsgeräte, LED-Leuchten, Mülltrennungs-Systeme, wassersparende Mischbatterien – nichts Außergewöhnliches. In der Kantine gibt es mehr Bio auf dem Teller als früher. Das Holz stammt aus verantwortungsvoll bewirtschafteten Wäldern.

Bis 2020 soll so viel wie möglich des im Betrieb anfallenden Mülls recycled werden, der Konzern strebt an, komplett ressourcen- und energieunabhängig zu werden. Aber: Wie viel haben effiziente Verpackungen (bessere Auslastung der Fahrzeuge) und Investitionen in Wind- und Solarkraft (neues Geschäftsfeld) mit Umweltbewusstsein zu tun?

Greenwashing statt Innovation

Die Diskussion um Klima, Umwelt und Nachhaltigkeit hat das Niveau des Glühbirnen-Austauschens längst verlassen. Wer heute energieeffiziente Produkte anbietet, geht einfach nur mit der Zeit, ist aber gewiss kein Vorreiter. Warum wächst das Gemüse für die Kantine nicht in Gewächshäusern auf dem Dach? Das Nachhaltigkeitsverständnis von IKEA entspricht nicht mehr dem Zeitgeist, sondern ist Wohlfühl-Marketing und Greenwashing. Zu viele aktuelle Themen werden vom Konzern ausgeblendet.

„Nachhaltigkeit ist Teil all unserer Produkte und reicht vom Design über die Produktion bis hin zum Gebrauch“ kommentiert eine Mitarbeiterin in der „Zusammenfassung Nachhaltigkeit“ für das Geschäftsjahr 2013 und trifft den Nagel damit auf den Kopf. Re-Commerce & Entsorgung fehlen.

Ikea ignoriert die Shareconomy

Anhänger der DiY-Bewegung nehmen den IKEA-Spirit schon länger beim Wort und funktionieren (ausrangierte) Möbel um und teilen die Anleitung auf Seiten wie IKEAHackers. IKEA selbst hat keine Antwort darauf, was mit alten Möbeln passiert. Beispielsweise ist keine Reparatur vorgesehen, es gibt keine Reparatur-Werkstatt in den Filialen, obwohl das zum hemdsärmeligen Image der Schweden passen würde.

An dieser Stelle fragt sich, wie viele Möbel überhaupt noch zu reparieren sind, angesichts der teilweise sehr minderwertigen Produktqualität. Wie lässt sich die eigentlich mit der Nachhaltigkeits-Ethik überein bringen? Und wie lässt es sich erklären, dass es zum IKEA-Erlebnis gehört, möglichst viele Nachmittage im Jahr ins Einrichtungshaus zurückzukehren um neue Wohnstücke mit nach Hause zu nehmen? Wohin mit dem, was danach nicht mehr in die Wohnung passt, IKEA?

Fazit

IKEA hat es geschafft, mit exzellentem Storytelling ein Markenerlebnis zu schaffen und die Geschichte des „guten“ Konzerns glaubhaft verkauft. Jedoch fehlt es zunehmend an Substanz, da der Nachhaltigkeits-Gedanke nicht konsequent fortgeführt wird. Themen wie DiY, Urban Farming oder die Shareconomy werden ausgeblendet. Mit der nächsten Konsumenten-Generation könnte das Probleme geben.

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