Buchhändler in Deutschland – Selbstvertrauen oder Ignoranz?

Grafik: PromoMadrid
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Was zwar schon teilweise üblich war, wird in Zukunft fest in einem Gesetzestext niedergeschrieben sein: In Deutschland fallen E-Books zukünftig ebenso unter die Buchpreisbindung wie gedruckte Bücher. Eine ganze Branche scheint aufzuatmen, vor allem kleinere Händler, die sich so vor der Gefahr namens „Amazon“ in Sicherheit wiegen. Währenddessen sticheln Branchengrößen gegen angeblich geplante stationäre Buchläden des US-Versandhändlers. Ist dies das neue Selbstvertrauen der Buchhändler oder pure Ignoranz?

Stationärer Buchhandel schwächelt

Das Jahr 2015 verlief für die stationären Buchhändler wenig erfolgreich. Um ganze 3,6 Prozent fiel der Umsatz im letzten Jahr. Aber auch das Ergebnis des Publikumsmarkts (Stationärer Buchhandel, Bahnhofsbuchhandel, E-Commerce und Kauf-/Warenhäuser) sank um 1,7 Prozent. Trotz dieser wenig optimistischen Zahlen sieht der Börsenverein des Deutschen Buchhandels positiv in die Zukunft.

Das kann er auch, ist eine im Gesetzestext verankerte Buchpreisbindung für E-Books doch ein klares Zeichen für Qualität, die eben auch für elektronische Bücher gilt. Letztendlich sieht man sich mit diesem zukünftigen Gesetzes gegenüber Amazon im Vorteil. Der Händler hatte die Verlagsbranche letztes Jahr mit dem Buchabo-Angebot „Kindle Unlimited“ herausgefordert.

Hofft Amazon auf TTIP?

Dass Bezos‘ Unternehmen problemlos die Preise der Konkurrenz unterbieten könnte, steht außer Frage. Zumindest für Amazon steckt deshalb im Freihandelsabkommen TTIP die Chance zukünftig die Konkurrenz über einen Preiskampf niederzustrecken. Inwiefern aber TTIP den Bereich der „Kulturindustrie“ beeinflussen wird ist noch unklar. Letztendlich könnte sich die Diskussion in Definitionen verlieren: Was ist Kultur? Um diese Frage ging es auch bei der Debatte „TTIP und Kultur, eine Nebenschauplatz?“, u.a. mit Brigitte Zypris und Olaf Zimmermann (Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates).

Was den Buchhändlern genau mit dem Freihandelsabkommen erwartet ist also noch unklar… und wird es auch erst einmal bleiben. So lange erfreut mich sich an den Quasi-Siegen gegen Amazon.

„Das ergibt für Amazon keinen Sinn“

Denn es scheint ja gut zu laufen für die Buchhändler. Wäre da nicht das Gerücht, dass Amazon in den U.S.A. demnächst 300 – 400 stationäre Buchläden eröffnen möchte. Doch die Branche scheint dem gelassen entgegenzutreten. So wird Holger Ehling (ehemaliger stellv. Direktor der Frankfurter Buchmesse) zitiert: „Dank der Buchpreisbindung gibt es von Flensburg bis Garmisch ein flächendeckendes Netz von stationären Buchhändlern. Da würde sich Amazon sehr schwer tun.

Ignorant daran ist, dass Amazon zwar über Preise konkurriert, dies aber nicht mehr der einzige USP im Portfolio des Marktführers ist. Die Kundebindung, die durch Angebote wie Amazon Prime oder eben Kindle Unlimited geschaffen werden, lässt den Preis oft zweitrangig werden. Buchhändler sollten daher nicht die Angst davor haben „Was“ Amazon in den stationären Läden verkauft, sondern „Wie“ es verkauft wird. Und da ist der U.S.-Konzern, trotz steigender Verkaufszahlen des Tolino E-Book-Readers, hiesigen Händlern einen Schritt voraus und hat bereits reichlich Erfahrungen gesammelt.

Mit dem Verkauf von Büchern groß geworden, ist die zukünftige Strategie von Amazon in dieser Branche noch nicht eindeutig ersichtlich: Auf die Abschaffung der Buchpreisbindung durch TTIP hoffen oder den Buchhändlern in der Einkaufspassage begegnen (oder beides). Man darf gespannt sein, was genau Amazon mit den 300 – 400 stationären Läden in den U.S.A. erreichen will. Sollte der Plan jedoch klappen, ist es nur eine Frage kurzer Zeit bis das Konzept auch in anderen Ländern erprobt wird. Dann wird sich zeigen, ob es sich bei der aktuellen Stimmung der deutschen Verlagsbranche um Selbstvertrauen oder Ignoranz handelt.

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