Rückenwind für Microsoft durch Digitalisierung [Kommentar]

Foto: dotSource
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Glaubt man dem aktuellen Netzwelt-Rummel, ist das Erste, woran Nutzer beim Thema „Microsoft“ denken, das Malprogramm Paint. Es ist nicht klar, ob die Tweets der Empörung im Sommerloch nur lauter wirken. Fakt ist jedoch, dass Microsoft nun bekannt gab, dass man Paint ab Herbst weiter über den Appstore beziehen könne. Die, nach Aussagen Microsofts, als veraltet geltende Software wird nun nach 32 Jahren also vorerst nicht eingemottet.
 
Was dieses kleine Stück PR-Zeitgeschichte jedoch deutlich macht: Microsoft ist alt und für viele Nutzer haftet an der Marke immer noch der Charme des Dreamy Bill Gates Meme. Der durchschnittliche Digital-Native begann seine PC-Karriere mit Win 3.1, 95 oder 98. Den Systemen, deren verlässlichste Komponenten der Blue-Screen und eben Paint waren. Viele – insbesondere jene, die sich der Kreativbranche zurechnen – nutzen heute längst Apple-Produkte. Die Anderen, die sich tatsächlich für IT interessieren, schwören auf Linux.
 
Dennoch: Ganz so düster stehen die Zeichen für Microsoft nicht. Nicht nur gilt der Satz, dass Totgeglaubte länger leben – nein, Microsoft erlebt eine Renaissance. Insbesondere im Rahmen der Digitalisierung. Zeichnete sich die Digitale Boheme noch vor einem Jahrzehnt durch MacBooks aus, nutzen hippe Outlaws mittlerweile Surface-Produkte. Blasphemie! Und vielleicht das Momentum, in dem sich Geschichte wiederholt. War das Jauchzen einst groß, als man via Bootcamp auch Windows auf den Mac brachte, bricht sich jetzt die Frage bahn: „Gibt es das auch für Windows?“

Microsoft war nie weg

Ein Verkaufsargument für Geräte mit einem angebissenen Apfel war lange Zeit die vermeintliche Virenfreiheit. Microsoft hingegen stand eher für Virensicherheit – man hatte mit Sicherheit einen Virus. Bezeichnenderweise sah sich Microsoft kürzlich dazu veranlasst sogar Betriebssysteme wie XP lang nach ihrem Supportende gegen die Ransonware Wannacry zu patchen. Genau darin liegt der Beweis, dass Microsoft nie weg war.

Der abschätzige Begriff „Kellerkind“ steht für die Microsoft-Realität. Auf Privatrechnern, aber viel mehr noch auf geschäftsrelevanter IT verrichten alte Systeme bis heute ihren Dienst. Dynamics und Navision sorgen in horn-alten Versionen für reibungslose Geschäftsabläufe. Office 2007 wird mancherorts mit „Ach, geht doch auch.“ weiter genutzt. Den Preis zahlt man während der Präsentation. Und auch, wenn bei der BVG mal wieder der Screen im Bus ausfällt – ein Boot-Screen oder Blue-Screen, wie früher(tm). Ganz zu schweigen vom Internet Explorer. Wie oft müssen Agenturen das Design-Scoping anpassen, damit die Oberfläche auch kompatibel mit IE6 ist? Ein Wahnsinn!

Doch neben all dem Hass und der Häme, die Microsoft einstecken muss, hat sich der Endanwender-Pionier heimlich gemausert. Das war nicht leicht. Wenn sich Generationen an die Usability von Fenstern gewöhnen ist der, wie in Windows 8 vorgenommene und in Windows 10 konsequent weitergeführte UX-Wechsel eine Mammutaufgabe. Aus Nutzersicht heißt es: „Jetzt hat man 10 Jahre daran geackert Herr des Systems zu werden und ihr krempelt alles um, ohne einen spürbaren Mehrwert!“

Microsoft – der leise Innovator

Es kann ein großer Vorteil sein, wenn man unterschätzt wird. Gerade im Schatten der Apple-Jünger, die Adobes Creative Suite nutzen und irgendwann in Kauf genommen haben ihr System meist nur durch Hardware-Neukauf aufbohren zu können, hatte Microsoft Zeit und Ruhe für Innovation. Windows Nutzer lehnten Neuerungen ab, nahmen sie aber dann doch murrend hin und die Apple-Community hatte sowieso nur ein Schulterzucken übrig.

Schon 2009 zeigte Microsoft, wie es sich das Büro der Zukunft 2019 vorstellte. Zur Erinnerung: Wir haben 2017! Ich erinnere mich daran und weiß, dass es aus allen Büro-Ecken hieß: „Verdammt cool, wird aber NIE! passieren.“ – Man, was waren wir zuversichtlich ;)

Schaut man sich an, was seitdem passiert ist, rückt die Vision in greifbare Nähe. Die Google Glass ist für Privatanwender gescheitert, kommt jetzt aber für Business-Anwendungen zurück. VR-Brillen sind in erster Linie für immersives Entertainment, Gaming und Education bestimmt. Augmented Reality, wie sie durch Pokemon Go letztes Jahr gehypet wurde, ist auf Dauer suboptimal, da man mindestens eine Hand durch das smarte Endgerät – Smartphone oder Tablet – belegt hat.

Microsofts Hololens hingegen ist wirklich beeindruckend. Da jedoch selbst das Developer-Kit noch ab 3000 Dollar kostet, bleibt das Gerät bisher ein Spielzeug für Tech-Konferenzen und Innovations-Abteilungen in Unternehmen. Doch genau das ist der Vorteil! Zig Agenturen entwickeln gerade Anwendungsfälle und investieren in ihre Reife. Kommt die Hololens für Privatanwender, verkauft man also keine Vision, wie einst Google Glass, sondern tatsächlich ein Produkt! Cleverer Schachzug, Microsoft.

Microsoft heißt Business

Die beschriebene Arroganz der Endanwender und des Wettbewerbs gab Microsoft die Chance den verhassten Internet Explorer durch Edge abzulösen. Ein gutes Zeichen an Web-Entwickler und ein großes „mir doch egal“ im Markt. Den „Browserkrieg“ gewonnen hat zur Zeit schließlich Google Chrome. Dennoch wird Microsoft auch hier Altlasten los.

Auch in puncto Hardware dreht Microsoft auf. Auch, wenn Windows Phones sich nicht so recht durchsetzen wollten, zeigt die Surface-Serie, das man mit Apple locker mithalten kann. Insofern Microsoft es wirklich schafft seine Hardware vollständig in Richtung „seamless“, also für das nahtlose Zusammenspiel weiterzuentwickeln, liegt der Vorteil bei Ihnen.

In Sachen Geschäftsmodell hat Microsoft sich ebenfalls weiterentwickelt. Es war klug Microsoft Office ein Abo-Modell zu spendieren. Das senkt nicht nur die initialen Investitionskosten, es sorgt auch für die Verbreitung aktueller Versionen. Kompatibilitätskonflikte werden endlich geringer – und das systemübergreifend auch zwischen Microsoft- und Apple-Hardware.

Richtig Gas gibt Microsoft jedoch gerade in Sachen Business-IT. Dynamics und Navision – so ziemlich die gesamte Lösungspalette firmiert nun als 365 und steht für einen hohen Integrationsgrad. Hinzu kommt Microsofts Azure-Cloud. Ein Versuch zukünftig gegen Kellerkind-Hard- und Software vorzugehen. Am bemerkenswertesten ist jedoch der Kauf von linkedIn. Verbunden mit Microsofts CRM könnte es zukünftig das Schwergewicht in Sachen B2B-Geschäft werden. Natürlich inklusive „künstlicher Intelligenz“. Nimmt man den App-Store hinzu, wo man mittlerweile auch Linux herunterladen kann und E-Commerce-Enterprise-Lösungen, wie Intershop, die man ebenfalls im App-Store erhält, können Unternehmen schnell in die vernetzte Microsoft-Welt eintauchen. Funktioniert das wirklich so bequem, wie das Marketing verspricht, müssen Kunden nur einmal in die Falle der Bequemlichkeit tappen und werden sich lang an Microsoft binden.

Microsoft erhält durch die Digitalisierung gerade massiv Rückenwind. Dennoch muss das Angebot stimmen, denn zwei Herausforderungen gibt es neben den ganzen Innovationen. Erstens, muss Microsoft als sein eigener Mörder auftreten. Alt-Systeme brauchen ein Update, um für 2017 und die Zukunft fit zu sein. Ein XP-Patch gegen Ransomware ist gut gemeint, aber am Ende schlecht fürs Geschäft. Leider, aber auch bitter notwendig, denn Microsofts zweite Herausforderung ist schlichtweg die Konkurrenz. IBM, SAP, Microsoft – die Anbieter von Business-IT und Geschäftslösungen sind mannigfaltig. Die Wahl Microsoft ist nicht zwingend. Dennoch: Microsoft spielt wieder eine ernstzunehmende Rolle im Business ums Business.

Microsoft ist tot! Lang lebe Microsoft!

E-Commerce mit Microsoft Dynamics Microsoft Dynamics ERP-Lösungen sind weit verbreitet. Doch nicht in jedem Fall ist das ERP auch für alle unternehmensrelevanten Daten der richtige Ort der „single-source-of-truth“. Erfolgreicher moderner E-Commerce schlägt Brücken über die Täler der Unternehmensabteilungen und Business-Prozesse. Wie man erfolgreich im E-Commerce mit Dynamics Navision und Dynamics AX ist, zeigen wir exklusive für Händler, Hersteller und Verlage in unserem aktuellen Whitepaper, dass hier kostenlos heruntergeladen werden kann.

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