Nachgefragt: Wie wichtig ist die Usability für Shopbetreiber?

» Alles wird bewertet und steuert die Kaufmotivation – manchmal sorgt sogar die Vorwahl der Kundenservice-Hotline für eine Entscheidung für oder gegen einen Anbieter. «

Andre MorysIn seinem Blog konversionsKRAFT gibt André Morys, Vorstand der Web Arts AG, nützliche Tipps rund um das Thema Webseitenoptimierung. Handelskraft hat nachgefragt, wie wichtig dieses Thema für Onlineshopbetreiber ist.

Welche Rolle spielt die Usability für einen Onlineshop?

Eine gute Bedienbarkeit heißt für den Kunden „Ich kann kaufen“ – verglichen mit der realen Welt ist dieser Zustand vergleichbar mit „Die Tür geht auf. Ich finde gut das richtige Regal.“ Usability ist daher eine unabdingbare Grundvoraussetzung, um überhaupt etwas verkaufen zu können. Online und in der Realität beschäftigen sich Verkaufsoptimierer immer wieder damit, Kaufbarrieren aufgrund schlechter Bedienbarkeit aus dem Weg zu räumen.

Aber: Eine gute Usability garantiert noch keinen Verkaufserfolg – dazu braucht es mehr. „User Experience“ könnte man z. B. als Oberbegriff für das vom Nutzer subjektiv empfundene Erlebnis beim Nutzen der Seite bezeichnen – und das ist ein ungemein wichtiger Beitrag zur Kaufmotivation. User Experience bringt uns deutlich näher an die Ebene „Ich will kaufen“. Spannend wird es dann bei der „Das muss ich kaufen“-Ebene, denken wir z. B. an Mode, iPad oder Luxusmarken.

Welche Möglichkeiten gibt es eine effiziente Kundenansprache zu gestalten?

Die wichtigste Frage bei der Ansprache ist: „Was muss ich sagen, damit mein Kunde mich gut findet und kauft“. Es geht also um Kommunikation und Wirkung. Das spannende daran ist: Ich habe noch nicht einen einzigen Shopbetreiber kennen gelernt, der wusste, wie sein Onlineshop auf Kunden wirkt und systematisch daran arbeitet diese Wirkung zu optimieren. Wer sich auf diese Reise begibt, der lernt: es geht um die Motive, Gefühle, Ängste und Erwartungen der Kunden, es dreht sich um Vereinfachung, Klarheit und die emotionale Bewertung der gesendeten Markensignale beim Kunden vor dem Bildschirm. Alles wird bewertet und steuert die Kaufmotivation – manchmal sorgt sogar die Vorwahl der Kundenservice-Hotline für eine Entscheidung für oder gegen einen Anbieter.

Was sind die häufigsten Fehler der Shopbetreiber?

Die habe ich einmal in einem Blogpost „Fünf Gründe für zu wenig Konversionsrate“ zusammen getragen. Zusammen gefasst: Die meisten Shopbetreiber glauben, 2-4% Konversionsrate seien normal. Sie glauben nur das, was sie sehen – und den Kunden vor dem Bildschirm sehen sie ja nicht (deshalb ist das immer das erste, was ich einem Shopbetreiber zeige).

Statt wirklich zu optimieren drehen sie am Adwordskonto herum. Statt das Erlebnis zu optimieren, wird auf Betreiberseite diskutiert, was noch alles auf die Startseite soll („Wir haben zu wenig Newsletter-Abos, lass uns Neukunden auf der Startseite mit einem GIGANTISCHEN Teaser anschreien!“)

Sie führen in einem Vortrag den Neologismus „Unique emotional value proposition“ ein, wie kann dieser beschrieben werden?

Bei einem Low-Interest-Produkt haben wir in einem Split-Test drei verschiedene „Emotionen“ getestet und fest gestellt, dass neben dem eigentlichen Nutzen des Produktes der gefühlte -also der emotionale Nutzen eine wichtige Rolle spielt. Die richtige „Emotion“ konnte die Klickrate der Landingpage gegenüber der Ursprungsvariante beinahe verdoppeln. Ich dachte, dieser Effekt verdient einen eigenen Begriff.

Sind die Vorlieben der User nicht ständigen Änderungen unterworfen? -Wie machen sie Trends ausfindig?

Im Gegenteil, wir merken meist, dass die dem Kaufverhalten zu Grunde liegenden Motive der Menschen (wahrscheinlich evolutionsbedingt) sehr kontinuierlich angelegt sind. „Streben nach Anerkennung“ ist z. B. ein derart tief liegender Wunsch der Menschen, dass er von der Steinzeit bis heute in sozialen Netzwerken funktioniert („I like“). Oft zitiere ich die 16 Lebens- oder Basismotive nach Reiss – der Grundstein dieser Sammlung ist beinahe hundert Jahre alt und gilt im Social Web genau so wie beim Schuhe kaufen.

Wie kann der Erfolg der Konversions-Optimierung gemessen werden?

Profit. (Conversion Optimierung ist das Buzzword, langfristig geht es ausschließlich um den Deckungsbeitrag)

Eröffnen Open Source Lösungen wie Magento neue Möglichkeiten der Kunden-Ansprache?

Natürlich. Sie geben den Shopbetreibern oft mehr Raum für Individualität – und Differenzierung ist nun einmal ein strategischer Wettbewerbsfaktor.

Vielen Dank für das Interview!

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