Herdentrieb vs. Exklusivität im E-Commerce

Herdentrieb im E-Commerce
Foto: Robb North
Was lockt mehr – Exklusivität oder der Herdentrieb? Im E-Commerce gibt es zwei sich zuwiderlaufende Weisheiten, die als gleichsam wahr gelten. Einerseits, dass es wichtig ist, jedem Kunden das Gefühl zu geben, er sei der wichtigste. Andererseits, ihm zu versichern, dass er nichts falsch macht, wenn er sich für das gleiche Produkt entscheidet, wie schon tausende Kunden vor ihm.

Welchen Impuls möchte man ansprechen?

Der tausendste Kunde sein

Wenig wirkt auf eine Kaufentscheidung wie der Herdentrieb. Was heißt das für Shopbetreiber? Loslegen und Besucher-Counter für jedes Produkt implementieren, Social-Media-Buttons prominenter platzieren, Lagerbestände und den Absatz in Echtzeit abbilden? Der Onlineshop wird von der statischen Geisterstadt zum gut besuchten Einkaufszentrum.

Ansätze, die in der Masse am besten wirken, gibt es genügend:

  • Das Amazon-Prinzip: Schon bei hunderten anderen Kunden haben Produkt, Preis und Versand überzeugt, warum kann man den Kommentaren entnehmen. Sicherer geht es nicht.
  • Auktionsmodelle: Dass es noch andere Mitbieter gibt, die ebenso sehr gewinnen wollen, macht die Sache erst interessant.
  • Begrenzte Verfügbarkeit: Der Shop läuft offenbar gut, das Wunschprodukt ist begehrt und man muss sich schnell entscheiden.
  • Communitys: Dass man sich gegenseitig helfen kann, wird erst dadurch möglich, dass man über die gleichen Produkte spricht.
  • Kundendaten: Niemand möchte das Gefühl haben, es ginge gezielt um die eigenen Person. Mit dem Gedanken, dass Metadaten ausgewertet werden, kann man sich eventuell noch anfreunden.

Der erste Kunde sein

Nicht immer erfreut das Argument, dass man bereits tausende zufriedene Kunden vorweisen kann. Welches Hotel würde Gäste schon mit dem Satz „Schön, dass Sie sich für uns entschieden haben, in Ihrem Zimmer haben allein in diesem Jahr bereits über 120 Personen übernachtet“, begrüßen?

Vor allem im hochpreisigen Segment ist Masse nicht immer Klasse, das Gefühl eine individuelle Kaufentscheidung zu treffen, entscheidend. Ganze Branchen wie die Luxus- und die Touristikbranche leben von dem Gefühl, jeder Kunde sei der einzige, der das Erlebnis/das Produkt genießt.
Das Gefühl, ein gewöhnliches Produkt zu erstehen, kann das Kauferlebnis und sogar ganze Marken gefährden:

  • Luxusmode: „200 andere Frauen schauen sich gerade das gleiche Designerkleid an wie Sie.“
  • Curated Shopping: Niemand will während einer persönlichen Beratung den Satz „Vertrauen Sie mir, diesen Schal empfehle ich im Moment jedem“ hören.
  • Hochpreisige Gadgets: Es geht doch nichts über das Gefühl, die Schutzfolie von einem neuen Smartphone zu ziehen

Fazit

Die Idee, sich den Herdentrieb im Onlineshop zunutze zu machen, muss nicht zwangsläufig funktionieren. Vor allem das Preissegment entscheidet, ob es von Kunden gewünscht ist, sich als Teil des großen Ganzen zu fühlen, oder als Individualist angesprochen zu werden.

Die Idee, Aktivität im Shop stärker abzubilden, wurde übrigens auf dem Handelskraft-E-Commerce-Frühstück in Zürich diskutiert und bot den Anstoß für diesen Artikel.

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