Buchhandel im Kampf – Preisbindung, TTIP und Amazon

Grafik:Sam Howzit
Grafik:Sam Howzit

Anfang Januar veröffentliche der Börsenverein des Deutschen Buchhandels Zahlen, die den stationären Buchhandel als weiterhin erfolgreichen Vertriebsweg sieht. Zwar sei der Umsatz im stationären Geschäft um 1,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gesunken, dennoch klopft man sich auf die Schulter, die Digitalisierung sei geglückt und die Leute holt man außerdem noch in die Läden. Dass Thalia zuletzt insgesamt 9000 Quadratmeter Ladenfläche aufgab und Weltbild zu Beginn des vergangenen Jahres Insolvenz anmeldete, stört niemanden mehr.

Krise überstanden und auf in eine rosige Zukunft…oder? Während die stationären Buchläden 1,2 Prozent Umsatzeinbruch hingelegt haben, fiel das Jahresergebnis aller Vertriebswege – Stationärer Buchhandel, Bahnhofsbuchhandel, E-Commerce und Kauf-/Warenhäuser – insgesamt um 2,1 Prozent. Begründungen: Ein starkes Jahr 2013 und das späte Osterfest. Eine Prognose für die nächsten Jahre wird noch nicht gewagt. Wie steht es also um die Zukunft des Buchhandels?

Eine veränderte Marktsituation

Anders als der Börsenverein des Deutschen Buchhandel, sieht das Goethe-Institut etwas kritischer auf die Situation innerhalb der Branche. So sei der Markt in einer permanenten Umbruchsituation, der sich offenkundig auch Größen wie Thalia nicht entziehen können. Der allgemeine Tenor ist aber, dass man mit den neuen Vertriebswegen über das Internet durchaus mithalten kann. Eine Verkleinerung der Ladenfläche muss nicht immer gleich mit Verlusten einhergehen, sondern mit der Einsicht, dass sich das Kaufverhalten der Kunden doch geändert hat.

Das E-Book in Deutschland Quartal 3/2014.
Das E-Book in Deutschland Quartal 3/2014.

Und das macht sich vor allem im E-Book-Bereich bemerkbar: 2014 haben 45 Prozent der Deutschen ihre E-Books auf dem Tolino gelesen. Amazons Kindle-Geräte kamen nur auf 39 Prozent. Auch der Gesamtanteil der E-Books am Umsatz in der Branche stieg im Jahr 2014 auf 4,8 Prozent. Der deutsche Buchhandel hat demnach adäquat auf das Hegemoniestreben Amazons reagiert, muss aber das E-Book-Angebot weiter ausbauen. Vor allem kleinere Buchhändler könnten bei weiter wachsenden Marktanteil der E-Books den Anschluss verlieren, sollten diese nicht zum Angebot gehören. Eine Konkurrenz im Vertrieb von E-Books ist außerdem Apple, die „heimliche Macht auf dem E-Book-Markt“.

Amazon, wer sonst?

Wo liegt also das Problem? Augenscheinlich, wie in vielen Branchen, beim Versandhändler Amazon. So zumindest die allgemeine Meinung. Der unerbittliche Kampf der Verlage, Autoren und Buchhändler gegen den US-Konzern flammte zuletzt im Sommer 2014 auf, als mehrere Autoren in einem offenen Brief ihrem Ärger Luft machten. Sie folgten damit dem Beispiel amerikanischer Kollegen, die auf unfaire Methoden Amazons gegenüber dem Verlag Hachette reagierten. So sollen Empfehlungslisten manipuliert worden sein. Demnach wurden nur Bücher von Verlagen empfohlen, die ein gutes Verhältnis zu Amazon unterhalten. Inwiefern sich die Manipulation der Empfehlungsliste allerdings von Ausstellungen bestimmter Bücher in Buchläden unterscheidet, konnte bisher keiner beantworten.

Buchpreisbindung adé?

Noch werden Großunternehmen wie Amazon von der Buchpreisbindung, die in Deutschland und anderen europäischen Ländern gilt, zurückgehalten. Und darauf basiert die eigentliche Sorge der Buchhändler: Gibt es in Zukunft keine Buchpreisbindung mehr, bestimmen Amazon und andere große Buch-/Versandhändler den Preis. Thalia, Weltbild und Hugendubel könnten dann wohl noch mithalten, kleinere Buchhändler, die ein ausgewähltes Sortiment besitzen, werden aber in die Bredouille kommen. Dass Amazon nicht viel von der Buchpreisbindung hält, zeigte das Unternehmen passend zur Frankfurter Buchmesse 2014. Mit Kindle Unlimited, einer Ebook-Flatrate, wird das Gesetz quasi umgangen. Mit dem Transantlantischen Freihandelsabkommen (TTIP) könnte die Buchpreisbindung zusätzlich in Gefahr geraten.

Für den Kunden klingt indes die Abschaffung der Buchpreisbindung positiv, da die Preise augenscheinlich sinken. In Großbritannien werden die Kunden allerdings eines Besseren belehrt. Da die Preise nicht nur sinken, sondern ohne Preisbindung auch jederzeit ansteigen können, wurde beispielsweise zu Weihnachten die Preisschraube angezogen. Eben dann, wenn die Nachfrage am größten ist.

Kulturgut statt Ramschartikel

Dem Buchhandel geht es momentan gut. Diese Feststellung wird durch Zahlen belegt und kann selbst durch eine Insolvenz oder verkleinerter Ladenflächen nicht widerlegt werden. Um allerdings konkurrenzfähig zu bleiben, dürfen sich die Buchhändler nicht auf den Errungenschaften vergangener Tage ausruhen, sondern müssen aktiv handeln. Der E-Book-Reader Tolino zeigt, wie man Amazon besiegen kann. Problematisch könnte allerdings eine mögliche Abschaffung der Buchpreisbindung durch TTIP werden. Nicht alle Buchhändler würden dem Preisdumping dann standhalten. Letztlich müssen Verlage, Buchhändler und auch Autoren darum kämpfen, dass das Buch weiterhin als Kulturgut und nicht als Ramschartikel über die Ladentheke geht.

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