Not macht erfinderisch. Und: kooperativ! Neue Geschäftsmodelle im Handel [5 Lesetipps]

Firmen kooperieren in der Krise
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Selten lagen zwei aufeinanderfolgende Prognosen so weit auseinander: Das Münchner Institut für Wirtschaftsforschung ging im Dezember 2019 davon aus, dass die deutsche Wirtschaft 2020 weiterhin wachse – um 1,1 Prozent! Gewiss, im Dezember 2019 wusste die Welt noch kaum vom Corona-Virus. Dessen massiver Verbreitung und den nötigen Shutdown-Maßnahmen in weiten Teilen Europas ist es geschuldet, dass die Prognose des Münchner Instituts Mitte März 2020 ganz anders ausfiel: Rezession heißt das Wirtschafts-Wort der Stunde. Konjunktureinbruch um satte 9,8 Prozent im zweiten Quartal, insgesamt Schrumpfung der deutschen Wirtschaft um 1,5 Prozent im aktuellen Kalenderjahr.

Trotz dieser Zahlen, scheint gerade auch im von der Krise so betroffenen Handel Neues zu entstehen: Die Situation macht kreativ und es entstehen neue Kooperationen und spannende Geschäftsmodelle.

Not macht erfinderisch: Was Unternehmen tun müssen, um die Krise zu meistern

Seien wir ehrlich, es ist nicht nur Corona, das insbesondere den stationären Einzelhandel schwächt. Es ist das Einkaufsverhalten der Menschen. Es verändert sich. Statt zum Tante-Emma-Laden um die Ecke gehen immer mehr Menschen mit dem Smartphone ins Internet und sehen sich dort nach Waren um – vom täglichen Bedarf bis zu einzigartigen Designermöbeln.

Selbst wenn sie ein lokales Einkaufserlebnis begeistert hat und sie sich in einem Geschäft befinden und beispielsweise ein Kleidungsstück anprobieren oder einen Kerzenständer bestaunen: Der mobile, parallele Preisvergleich gehört mittlerweile zum Alltag.

Um zu überleben, brauchen Händler gerade vor allem eines: Kreative Ideen für alternative Handelswege. Ob es gastronomische Angebote aus einem Fenster heraus sind oder das Angebot, Menschen direkt zu beliefern, ob es Solidarity-Aktionen der Kundschaft durch Gutscheinkäufe sind, ob es sich um Kooperationen zwischen verschiedenen Branchen handelt, Angebote auf Plattformen wie Ebay oder Amazon, Schaufensterfotos mit Social-Shopping-Optionen via Facebook oder Instagram.

Immer geht es darum, unternehmerisch zu denken und die Bedürfnisse der Kunden aufzuspüren, zu befriedigen, den Ton zu treffen und die Menschen abzuholen. Wer das nicht am Puls der Zeit beherrschte, der hatte es schon vor Corona schwer.

Not macht erfinderisch: Beispiele für Kooperationen

Wessen Beruf ist systemrelevant? Wie wir in den letzten Wochen verblüfft feststellen, sind es vor allem tendenziell mäßig bezahlte Berufe mit überdurchschnittlich hohem Frauenanteil unter den Beschäftigten, die derzeit geschätzt werden wie nie zuvor: Mitarbeiterinnen in Supermärkten, Drogerien, Pflegeheimen, Krankenhäusern.

An vielen Orten reichte das Bestandspersonal nicht aus, während wenige Schritte weiter Läden mit Mitarbeitern ähnlichen Aufgabenbereichs schließen und die Angestellten in Kurzarbeit schicken mussten. Not macht erfinderisch: selbst unter Branchenriesen. Und so wurde das Beispiel McDonalds einer breiten Öffentlichkeit bekannt, denn die Fastfood-Kette ermöglicht es Mitarbeitern, temporär zum Fellow-Großkonzern Aldi zu wechseln.

Doch auch in anderen Hinsichten sorgt die Krise für Veränderungen, die bis vor Kurzem noch undenkbar waren: So hatten sich die Drogerie-Ketten Rossmann und dm seit Jahren keinen Hehl aus ihrer Rivalität gemacht, im Gegenteil: Der Preiskampf und die unterschiedlichen Marketingstrategien nahmen teils merkwürdige Formen an. In der Krise jedoch wachsen die Konkurrenten zusammen und fusionieren ihr Marketing zu einer friedlichen Wir-Botschaft via Video.

Während Drogerien und Lebensmittelhändler unbestreitbar weiter von Kunden aufgesucht werden, dürften eher weniger Menschen die Notwendigkeit verspüren, sich gerade neue Schuhe zu kaufen. Laufschuhe vielleicht noch am ehesten. Das Berliner Startup wewantshoes.com, das sich als eine Art Online-Messe bzw. Showroom-Plattform für Fußbekleidung etabliert hat, kooperiert mit Ausstellern in der Corona-Krise, indem Marken die Möglichkeit bekommen, ihre Bestände kostenlos auf den Messe- und Marketingplattformen des Anbieters zu präsentieren.

Not macht erfinderisch: Beispiele für Kreativität

Viele kleinere Läden bangen um ihre Existenz, da sie vom stationären Handel leben, vom Entdeckt-werden vor Ort. Jetzt heißt es, dieses Gespür für schöne Entdeckungen ins Digitale zu übertragen und auf Instagram wird daher mit #shoplocal dazu aufgerufen, gerade jetzt die kleinen Geschäfte zu unterstützen.

Manche Betreiber haben hochemotionale Texte geschrieben, in denen sie zugeben, wie sehr sie das tägliche, echte Miteinander mit den Kunden vermissen und warum sie für ihren Traum, etwa ein Café zu führen oder einen Dekoladen aufgemacht zu haben, sicherere Berufe aufgegeben haben.

Neben diesen Stories, die natürlich emotionale Kundenbindung erzeugen, versuchen es viele auch einfach mit Humor – in der Bildgestaltung, etwa, indem ein Kristall als Virussymbol in einem Laden auftaucht, in dem sonst nur Pflanzen verkauft werden, oder indem besondere Liefermethoden entwickelt werden, bei denen Menschen, die sonst hinterm Tresen stehen, sich nun eben im 1:1 mit ihren Kunden unterhalten und unter mundschutzmaskenfreien Himmel anstoßen.

Hauptsache, die Kunden fühlen sich abgeholt, informiert, begeistert und – auch auf digitalen Wegen – inspiriert, den Unternehmern die Treue zu halten, die mehr bieten, als den besten Preis.

Not macht erfinderisch: Digitale Lösungen nutzen

Jobcomputer mit nach Hause nehmen? Im Homeoffice Kunden beraten? Zoom installieren oder zumindest Skype? Remote Business boomt. Und tatsächlich ist das der Rat der Stunde: Vorhandene Technologien nutzen, die innere Einstellung feinjustieren und sich digitalisieren. Denn ja, in jeder Krise steckt eine Chance für die Zukunft und für Unternehmen lautet die ganz klar, sich und ihr Business zu digitalisieren. Denn wie die Prognosen der Wirtschaftsinstitute auch verlauten lassen: Nach dem Einbruch folgt der Aufbruch.

5 Lesetipps:

Konjunktureinbruch in Deutschland [FAZ]

Was Händler jetzt draufhaben müssen [ZUKUNFT DES EINKAUFENS]

Firmen kooperieren in der Krise [absatzwirtschaft]

Mit Kreativität das beste aus der Situation machen [OnlineMarketing.de]

Digitalisierungsschub durch Corona [WELT]

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