5 Dinge, die Onlinehändler von der Gaming-Branche lernen können

Grafik:mbiebusch
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Das Thema „Gaming“ erzeugt schon lange keine Assoziationen mehr mit kellerbleichen Teenagern, deren soziale Kompetenz gegen Null geht – nein! Heutzutage spielt jeder irgendwas. Entwicklungen innerhalb der Gaming-Branche gab es in den vergangenen Jahren viele: Mobile Gaming, Virtual/Augmented Reality, eSports, Streaming (Twitch und Co.) oder Let’s Plays.
 
Was hat das aber mit E-Commerce zu tun? Interessanter als diese Trends sind vor allem die Antworten der Spieleentwickler auf ein immer wieder veränderndes Kundenverhalten. Und genau an dieser Anpassungsfähigkeit, sollten sich Onlinehändler eine Beispiel nehmen. Von der Entwicklung aus der Kundensicht bis zur Änderung des Geschäftsmodells – von der Gaming-Branche kann etwas gelernt werden!

1. Hypes und Trends

In Zeiten in denen ein Trend den anderen jagt, schadet es nicht, wenn man sich schnell an neue Hype-Themen in gewissen Maßen anpasst oder zumindest eine Strategie in der Schublade hat. Beispiel Mobile Gaming: Während Onlineshops und Co. sich darüber stritten, ob ein Responsive Design des Shops reicht oder ob doch eine App ran muss, haben Spieleentwickler den Trend früh erkannt. Games wie Angry Birds oder Fruit Ninja waren mit die erfolgreichsten Apps zum Start der Mobile-Ära.

Die Idee, dass das Smartphone in Zukunft jeder dabei hat und jeder einmal Zeiten hat, die überbrückt werden wollen, war in den Köpfen der Spieleentwickler von Mobile-Apps früh verankert. Und ob beabsichtigt oder nicht: Solche simplen Spiele wie Doodle Jump machten „Gaming“ salonfähig. Plötzlich spielte jeder und die Zielgruppe des Kerngeschäfts von Activision, EA und Co. wuchs durch den Mobile-Gaming-Hype an.

Gartner Hype Cycle 2016
Gartner Hype Cycle 2016

Learning: Es muss nicht jedem Trend hinterhergelaufen werden. Vorbereitet muss man aber trotzdem sein, so unwahrscheinlich einem die Zukunft durch Trend X auch vorkommt. Onlinehändler sollten momentan vor allem Entwicklungen im Virtual/Augemented-Reality- und Artificial-Intelligence-Bereich beobachten. Auch ein regelmäßiger Blick auf den Gartner Hype Cycle kann helfen zukünftige Entwicklungen nicht zu verschlafen.

2. Pionierarbeit? Nein, Danke!

Copycats mag niemand. Einfaches Kopieren von Ideen sollte man unterlassen. Es spricht aber nichts dagegen, eine Idee zu übernehmen und verbessert anzubieten. So etwas ist Gang und Gebe in der Wirtschaft und zwar branchenübergreifend. Im Gaming-Bereich können sich Händler dahingehend vor allem von einem Unternehmen inspirieren lassen: Blizzard. Der Spieleentwickler ist verantwortlich für Games wie World of Warcraft, Starcraft, Diablo, Overwatch oder Heroes of the Storm. Alles Spiele, die im jeweiligen Genre Marktführer sind.

Blizzard ist aber keinesfalls der innovativste Entwickler. Jedes dieser Spiele hat ein Vorbild auf den es aufbaut. Beispielsweise Overwatch: Dieser Helden-Shooter basiert im Prinzip auf dem 2007 veröffentlichten Team Fortress. Oder Heroes of the Storm: Spiele wie Dota 2 oder League of Legends sind im MOBA-Bereich – so heißt das Genre: Multiplayer Online Battle Arena – schon Jahre zuvor erfolgreich gewesen. Blizzard greift die Ideen auf und veröffentlicht eigene Spiele, die nun mal den Standard des jeweiligen Genre festlegen. Gewusst wie.

Und das funktioniert auch im E-Commerce: Solange es in der Branche schon Bemühungen der Konkurrenten im Onlinehandel gibt, kann man sich von „gegnerischen“ Ideen inspirieren lassen. Inspiration kann auch aus anderen Branchen kommen. Auf keinen Fall sollte man jedoch den Konkurrenten-Shop 1:1 übernehmen. Nein, viel mehr hilft eine Wettbewerbsanalyse bei der Identifizierung von Schwächen der Mitbewerber, die man selbst ausmerzen und in den eigenen Webauftritt integrieren kann.

Learning: Man muss nicht immer ein Pionier sein! Eine Copycat ist dann akzeptabel, wenn sie stubenrein ist und auf Kommando Stöckchen holt. Dabei hilft übrigens der MVP- oder noch besser der EVP-Ansatz in Kombination mit einer gründlichen Wettbewerbsanalyse.

3. Schritt für Schritt

Apropos EVP: Videospiele sind dafür da, dass der Nutzer ein rundum zufriedenstellendes Spielerlebnis erfährt. Die Entwicklung unter einer Kuppel ohne den Einbezug von Meinungen derer, die nicht am Projekt beteiligt sind, kann schnell nach hinten losgehen. Was „früher“ in Ansätzen die CD mit Demo-Versionen in der Computerbild Spiele war, nennt sich heute Alpha, Beta oder Early Access.

Spiele in diesem Stadium sind noch nicht fertig entwickelt und erheben auch keinerlei Anspruch auf ein vollumfängliches Spielgefühl. Eine Beta- oder Early-Access-Phase dient dem Entwickler zum einen dazu, bisherige Features zu testen und dafür Feedback zu erhalten, zum anderen können Nutzer eigene Ideen weitergeben, das Spiel wird also aus der Kundensicht heraus verbessert. Schritt für Schritt entsteht so ein fertiges Produkt, welches die Wünsche und Ideen der Nutzer berücksichtigt und so immer kundenfreundlicher wird.

EVP nach Rand Fishkin
EVP nach Rand Fishkin

Learning: Auf den Big Bang sollte man verzichten! Dies gilt nicht nur bei der Konzeption und Umsetzung einer neuen Systemlandschaft, sondern auch bei allem, was man dem Kunden vorsetzt: Produkte, Onlineshop oder komplett neue Multi-/Cross-/Omni-Channel-Strategien. Man sollte die Kunden/Nutzer immer am Prozess teilhaben lassen, da nur so etwas kundenfreundliches entstehen kann. Und nochmals muss hier explizit auf den EVP-Ansatz hingewiesen werden.

4. Kreativaufgabe: Kundenbindung

Etwas abstrakter und nicht direkt für den Onlineshop zu übertragen sind die Bestrebungen der Spielehäuser in Richtung Kundenbindung. Nochmals muss Blizzard als Beispiel genannt werden, die darauf abzielen, dass der Nutzer eben nicht nur ein, sondern bestenfalls alle Games aus der eigenen Spieleschmiede zockt. Erreicht man beispielsweise in einem Spiel einen Erfolg, erhält man in einem anderen Blizzard-Spiel ebenfalls eine Belohnung.

Ebenso der Kundenbindung dienlich, sind die diversen Plattformen, die die Publisher für die Spieler bereithalten. Jeder größere Publisher oder Entwickler setzt so auf eine eigene Plattform mit der die Nutzer Spiele kaufen und herunterladen können: EA mit Origin, Blizzard mit dem Battle.net, Ubisoft mit UPlay und am bekanntesten ist wohl Valve mit Steam. Ziel dieser Plattformen ist nicht nur das Bewerben eigener Titel, sondern auch die Bindung des Kunden an den jeweiligen Publisher. Zudem erhält man gute Zahlen für die Auswertung der Spiele: Wie lange wurde was gespielt etc.

Onlinehändler müssen dabei natürlich um die Ecke denken: Wie binde ich Kunden an mich? Der „alles in Allem“-Ansatz der Gaming-Plattformen lässt sich gut übertragen. Anstatt nur Produkte zu verkaufen, sollten Händler auf ein breites Beratungsangebot setzen. Je erklärungsbedürftiger die Produkte, desto mehr möchte der Kunde beraten werden. Ikea oder XXXLutz lösen dieses Problem im Online-Möbelhandel sehr gut. Best Practice ist und bleibt allerdings Amazon mit dem Prime-Programm – mehr Kundenbindung geht nicht.

Learning: Alle im Unternehmen sind bei der Kreativaufgabe „Kundenbindung“ gefragt. Eine allgemeine Antwort auf die Problematik gibt es nicht. Je kreativer und einzigartiger die Lösung aber ist, desto treuer werden die Kunden sein. Als Basis kann der Grundsatz gelten, dass man nicht nur stumpf Produkte verkaufen, sondern dem Kunden darüber hinaus einen Mehrwert anbieten sollte.

5. Wenn alle Stricke reißen: Geschäftsmodell ändern

Ob nun die Konkurrenz zu stark oder das eigene Produkt zu schlecht ist: Eine Änderung des Geschäftsmodells darf nie ein Tabu-Thema sein. In der Gaming-Branche kann man regelmäßig Änderungen von Geschäftsmodellen erleben. Zwar wird oft nur das Bezahlmodell verändert, doch hat so eine Änderung in Computerspielen immense Folgen.

Beispiel The Elder Scrolls Online: Anfangs mussten Spieler das Game kaufen und zusätzlich monatlich ein Abo bezahlen. Da das Abo-Modell aber schon bekannterweisen seit Jahren in Online-Rollenspiele nur mäßig funktioniert – außer man heißt World of Warcraft – änderten Entwickler das Modell zu „Buy to Play“. Die Abo-Gebühren wurden also abgeschafft, das Spiel musste sich nun anders finanzieren. Mit inbegriffen bei solchen Umstellungen sind oft auch Änderungen am Gameplay, wie EVE Online gerade (positiv) zeigt.

Neues Abo-Modell von Humble
Neues Abo-Modell von Humble

Spieleentwickler haben Zugriff auf eine breite Palette unterschiedlicher Geschäftsmodelle: Free-to-Play mit Premium-Zugang, Free-to-Play mit Itemshop (der allerdings nur kosmetische und nicht „übermächtige“ Gegenstände anbieten darf) oder aber eben Buy-to-Play. Eine Liste möglicher Vertriebswege in der Gaming-Branche gibt es hier.

Das Geschäftsmodell des klassischen Onlinehändlers sieht eine Änderung des schlichten Verkaufs der Produkte eigentlich nicht vor. Aber auch hier müssen die Verantwortlichen im Unternehmen die Augen und Ohren offen halten. Ideen hinsichtlich eines Abo-Modells oder anderer Vertriebsmöglichkeiten – auch hier wieder: Multi-/Cross-/Omni-Channel – dürfen nie (!) kategorisch ausgeschlossen werden.

Learning: Das Ändern der Digitalstrategie ist kein einfacher Schritt. Wichtig ist aber auch hier: Offen bleiben! Im digitalen Zeitalter gibt es keinen Platz für stures Durchdrücken des favorisierten Geschäftsmodells. Was nicht läuft, kann (glücklicherweise) auf geplante Art und Weise ersetzt werden.

Über den Tellerrand blicken

Wie schon erwähnt reicht ein Onlineshop an sich nicht mehr für die Konkurrenzfähigkeit aus. Die Verantwortlichen im Unternehmen müssen um die Ecke denken, sich inspirieren lassen und bestenfalls eine Innovationskultur im eigenen Haus fördern. Die in diesem Artikel vorgestellten Learnings sind keine Erfolgsgaranten, helfen sie doch aus dem eigenen Schneckenhaus herauszukommen und sich mit einem anderen Blickwinkel der Digitalisierung von Marketing und Vertrieb zu nähern.

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