Context Collapse – Facebook passt Newsfeed an

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Quelle: pexels.com
Social Media – das ist für viele gleichbedeutend mit Facebook. Wenn Firmen „auf Social Media“ aktiv sind, meinen sie für gewöhnlich Facebook und Twitter. Wenn sie es nicht sind, heißt es: „Wir sind nicht auf Facebook!“. Auch, wenn das soziale Netzwerk nicht mehr so rasant wächst, wie die Konkurrenz von Snapchat, Tumblr, Instagram, LinkedIn, YouTube, Twitter, Pinterest und sogar Google+, liegt Facebook mit 1,6 Milliarden aktiven Nutzern weltweit weiterhin unangefochten vorn. Jeden fünften Menschen weltweit ansprechen zu können, das macht Facebook für Marketer und Unternehmen so attraktiv.
 
Grundlage von Facebooks Marketing-Erfolg ist das enorme Wissen, dass das soziale Netzwerk über seine Nutzer bereithält. Aus den demographischen Angaben, Likes, Shares und Kommentaren sowie Konversationen lassen sich recht genaue und individuelle Präferenzen ableiten und zielgenau adressieren. Ebenso aus den Interaktionen des Nutzers im Netzwerk. Welche Links klickt er, wie lang sieht er sich welche Videos an und welche 360Grad-Fotos veranlassen ihn zu wilden Bewegungen mit seinem Smartphone? Das funktioniert allerdings nur, solang der Nutzer all das Netzwerk nutzt und so diese Informationen preisgibt. Genau dort liegt aktuell Facebooks Problem.

Nutzer fliehen vorm Werbe-Overkill

Die Nutzer des Netzwerkes teilen immer seltener private Dinge. Denn seit dem Börsengang im Mai 2012 muss der Internetgigant auch die finanziellen Interessen seiner Aktionäre bedienen und hat so in den vergangenen Jahren jede Menge Hebel in Bewegung gesetzt, um das Netzwerk für Publisher und Marketer zu optimieren, um seine Werbeeinnahmen zu erhöhen. Die Folge: Der Stream blieb für die meisten Nutzer relevant, wurde aber zunehmend unpersönlich. Fotos von Freunden, Hochzeiten, Foodporn und Katzen wurden von professionellen Sponsored- und Suggested-Posts, Instant-Articles, mittelklassigen Live-Videos und Cookie-basierten Produktempfehlungen ersetzt.

Hinzu kommt, dass viele Nutzer Content nur wiedergeben und kaum eigenen erzeugen. Nur 39% der regelmäßigen Nutzer des Netzwerks veröffentlichen eigene Inhalte. Außerdem scheint das überbordende Mitteilungsbedürfnis abgenommen zu haben. In der Folge sinkt – nicht nur bei Facebook – die Zeit, die Nutzer durchschnittlich auf einem sozialen Netzwerk verbringen. Sie scheinen gelangweilt.

Kurzum: Facebooks Intelligenz für Marketer begründet sich aus den geteilten Inhalten und der im Netzwerk verbrachten Zeit der Nutzer. Gehen diese Säulen verloren droht der Kontext, auf dem das Targeting basiert, zu verschwinden. Es droht der Context Collapse.

Facebook reagiert und will Inhalten von Freunden nun wieder mehr Platz im Newsfeed einräumen. Klar, das ist eine verständliche Entscheidung, um Facebooks Datensammlung hochwertig zu halten. Andererseits könnte es sein, dass so Postings von Freunden in den Newsfeed flattern, die man längst vergessen hat und den Newsfeed noch unattraktiver machen. Die meisten Nutzer haben über die Jahre schließlich eine stattliche Anzahl an „Freunden“ eingesammelt.

Marketer brauchen Strategien für Word-of-Mouth und Nutzer-Mehrwert

Was bedeutet das für Marketer? In der klassischen Physik gilt: „Wo ein Körper ist, kann kein zweiter sein.“ Ähnliches gilt für den Newsfeed und somit ist zu erwarten, dass der Kampf um Sichtbarkeit härter und letztendlich teurer wird. Teurer, in Bezug auf die direkten Werbekosten und ebenfalls teurer, in Bezug auf die Produktion qualitativ hochwertigen Contents nach Facebooks Best-Practices. Interaktionen und Share-ability werden zukünftig noch wichtiger, denn der Nutzer wird in diesem System zum authentischen Markenbotschafter, da der eigenen Reichweite nun der Hang der eigenen Zielgruppe zum Teilen von Inhalten zugrunde gelegt werden muss. User-Generated-Content wird somit noch stärker zum Treiber einer erfolgreichen Social Commerce Strategie.

Haben nun all jene gewonnen, die schon immer gegen Social Media Initiativen waren? Keinesfalls. Die Social Media Landschaft ist nicht erst seit gestern wesentlich bunter, als facebook-blau. Insbesondere avanciert Pinterest weiter zum führenden Social Commerce Tool und ist ebenso für B2B-Unternehmen interessant. Social Media ist ein Dschungel, dem man weiterhin nur mit trial-and-error begegnen kann.

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