Deutsche Banken in der Digitalen Transformation: PayPal gefährlich werden – kann das klappen?

Grafik:Carsten Frenzl
Grafik:Carsten Frenzl

Es scheint ein aktueller Trend zu sein, dass sich alteingesessene Unternehmen zusammenschließen, um großen Tech-Konzernen endlich mal die Stirn zu bieten. So soll das Netzwerk Pangaea, bestehend aus CNN, The Guardian, The Economist, The Financial Times und Reuters, gegen die Werbenetzwerke von Facebook und Google schießen. „Gemeinsam sind wir stark“ – denken sich wohl auch deutsche Banken, die Ende des Jahres (!) eine Konkurrenz zu PayPal auf den Weg bringen wollen.

Der allgemeine Tenor dazu ist allerdings alles andere als positiv. Schon von vornherein wird von einem Flop gesprochen, den sich die Banken auch sparen können. Dabei ist noch nicht einmal der späte Start eines solchen Dienstes alleine Schuld an der Misere, sondern die fehlende Flexibilität von Banken in Zeiten der Digitalisierung. Kann ein Online-Payment-Dienst von deutschen Kreditinstituten erfolgreicher werden als PayPal?

Pay Direkt – wer steckt da mit drin?

Die technische Abwicklung der Zahlungsvorgänge über Pay Direkt, so wird der Dienst momentan genannt, übernimmt die „Gesellschaft für Internet und mobile Bezahlungen“. Ein Unternehmen, das von Deutsche Bank, Postbank, comdirect Bank, Commerzbank, einer Beteiligungsgesellschaft privater Banken (u.a. mit ING-DiBa und der TARGOBANK) angeführt von der HypoVereinsbank, Volksbanken, Raiffeisenbanken und der Sparkasse gegründet wurde. Dass Pay Direkt nicht breit aufgestellt sei, kann man dem Dienst zumindest nicht vorwerfen.

» Bankenverband: Das neue Verfahren steht dann von Beginn an Millionen von Bankkunden zur Verfügung, die bei Online-Händlern einkaufen. Mit dieser branchenweiten Kooperation bieten die Banken Verbrauchern und Händlern ein einheitliches Online-Bezahlverfahren. «

Vor allem die Beteiligung der Sparkasse ist interessant. Hat das Kreditinstitut doch immerhin um die 50 Millionen Kunden und mit Giropay bereits Erfahrungen im Online-Payment-Segment.

PayPal als Weltbank

Verständlich, dass deutsche Banken das Zittern bekommen, ist PayPal in den letzten Jahren doch zu einer festen Institution geworden, wenn es um das Bezahlen im Internet geht. 161 Millionen Nutzer, die insgesamt 227 Milliarden US-Dollar im Jahr 2014 verschoben haben. Länderübergreifend, schnell und unkompliziert – so inszenierte sich die noch eBay-Tochter die letzten Jahre… und das sehr erfolgreich!

Statistic: PayPal's total payment volume from 1st quarter 2010 to 4th quarter 2014 (in billion U.S. dollars) | Statista

Das Preismodell für Händler: 1,9 Prozent + 0,35 Cent pro Transaktion. Inwiefern das nun zu viel ist, muss jeder Händler für sich selbst entscheiden. Beliebt scheint PayPal aber zu sein: So bieten einer aktuellen ECC Köln Studie zufolge 75,8 Prozent von 562 befragten Händlern den Dienst an, 6,8 Prozent planen die Integration.

Und auch auf Kundenseite wird PayPal häufig genutzt. Mit 84,7 Prozent liegt die Bekanntheit zwar hinter Rechnung (95,6 Prozent) und Lastschrift (87,9 Prozent), dafür aber weit vor Giropay (20,3 Prozent) und anderen Zahlungssystemen. Übrigens ist die Nutzung eines beliebten Payment-Dienstes ein echter Conversion-Booster für Onlineshops. Mehr dazu in unserem kostenlosen Conversion Whitepaper.

Was muss ein Payment-Dienst bieten?

Jetzt könnte Pay Direkt natürlich geringere Gebühren als PayPal verlangen. Immerhin stehen hinter dem Dienst die größten Banken Deutschlands, da sollte doch zumindest für Köderungs- und Marketingzwecke etwas möglich sein.

Wenn jeder, der ein Girokonto bei einer der genannten Banken besitzt, gleichzeitig als Pay Direkt Kunde gilt, hätte man zumindest von Anfang an einen soliden Kundenstamm. Ob die diesen Dienst nun nutzen oder nicht, sieht man spätestens am Geld-Volumen, was umgesetzt wird.


Vorerst nicht geplant ist eine Mobile Payment Lösung von Pay Direkt. Diesen Trend verschläft man lieber erst, bevor man ihn in 3-4 Jahren dann doch irgendwie integriert. Digitalisierung sieht anders aus. Dabei zeigt sich, dass Mobile Payment eines dieser Dinge ist, die man unbedingt auf dem Schirm haben sollte. Wer in den letzten Jahren in Schweden war, weiß wovon ich spreche.

» Economist: Sweden has shown that m-commerce can be safe and easy—two barriers that have previously prevented its adoption. «

Dort gibt es nicht nur erfolgreiche Unternehmen im Mobile Payment Bereich (Klarna, MyWallet), sondern in Schweden wird M-Commerce-Technologie aktiv verwendet.

Statistic: Global mobile payment transaction volume from 2010 to 2017 (in billion U.S. dollars) | Statista

Eventuell günstige Konditionen für Händler und ein breiter Kundenstamm – schön und gut. Aber ohne stereotypisch von der German Angst zu sprechen, gibt es gerade in Deutschland noch einen Faktor, der elementar für den Erfolg eines Payment-Dienstes ist und den wir auf Handelskraft schon oft propagiert haben: Vertrauen. In Zeiten von kapitalhungrigen Großbanken kommt der US-Payment-Dienst PayPal als Unschuldslamm daher, trotz etwaiger Verwicklungen im Waffenhandel. Die Deutschen vertrauen PayPal, warum also beim Checkout eine andere Zahlungsmethode auswählen?

Banken im Zugzwang

Genau diese Frage stellen sich wohl gerade die Verantwortlichen bei der „Gesellschaft für Internet und mobile Bezahlungen“. Gebetsmühlenartige Wiederholung der drei wichtigen Faktoren Vertrauen, günstige Konditionen und irgendwann der Einstieg im Bereich Mobile Payment reicht nicht. Die Banken müssen liefern und zeigen, ob sie das Konstrukt der Digitalisierung verstanden haben.

Pay Direkt jetzt schon als Flop zu bezeichnen, scheint wenig risikoreich. Doch wenn jemand einen PayPal-Konkurrenten auf den Markt bringen kann, sind es wohl große Banken und Kreditinstitute, die sich mit BarGeld auskennen. Die Herausforderung sind die digitalen Sprünge und die Innovationsbereitschaft von PayPal, Google, Amazon und auch Apple im Payment-Bereich.

Wenn Banken bei Zahlungsverfahren im Internet und zukünftig auch beim Mobile Payment mitmischen wollen, müssen sie den großen Tech-Unternehmen auf den Fersen bleiben und das erfordert mehr als nur eine billige PayPal-Kopie, die zudem viel zu spät auf den Markt kommt.

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