Harte Zeiten für Kistenschieber: Konsum hat nichts mehr mit Kaufen zu tun

haul-videos
Screen: Lily Melrose
Ein neues Startup namens byebuy stellt seinen Kunden Geräte wie Smartphones, Smartwatches oder Drohnen gegen eine Miete zur Verfügung. Will der Kunde das Produkt nicht mehr nutzen, schickt er es einfach zurück. Zugang statt Besitz in Reinform also.

Ein Gedanke, der sich mir zu dem Thema jedoch auch aufdrängt, ist wie sich Konsum, Nutzung und der Kaufvorgang immer weiter voneinander lösen. In grauer Vorzeit musste man ein Produkt kaufen, wenn man es nutzen wollte. Auch war es das Ziel, das Produkt dann tatsächlich anzuwenden.

Heute ist die Situation weitaus differenzierter, es gibt einen ganzen Blumenstrauß von Gründen, warum jemand etwas kauft. Die tatsächliche Nutzung ist nur eine davon. Der Kauf dient dem Moodmanagement, als Selbst-Promotion, Zugehörigkeit zu einer Schicht oder Gruppe, der Positionierung als Trendsetter. Der Konsum als solches hat sich verselbständigt und bildet eigene Kreisläufe. Beim Thema Geld ist das inzwischen Alltag, Geldströme haben sich längst verselbständigt.

Kaufen, um zu werben

Ein aktuelles Beispiel sind etwa Mode-Vloggerinnen. Sie kaufen in sogenannten „Hauls“ in einem bestimmten Geschäft ein oder bestellen online, um dann die Produkte in die Kamera zu halten. Was sie im Endeffekt tun, ist Werbung zu machen. Sie kaufen also ein, um ein Video online zu stellen und wiederum Werbung zu machen. Wer dies mit ausreichendem Erfolg tut, braucht bald nicht mehr tatsächlich einkaufen, sondern bekommt die Produkte gestellt. Die Anwendung spielt dabei eigentlich keine Rolle.

Generell haben sich Konsum und Nutzung entkoppelt. Kleidung bleibt ungetragen in den Schränken hängen, Lebensmittel werden unberührt der Biotonne übergeben.

Das heißt nicht, dass weniger konsumiert wird, auch wenn man ein Produkt nicht mehr besitzen muss, um es zu nutzen. Im Gegenteil, es entstehen immer vielfältigere Geschäftsmodelle. Miet- und Freemium-Modelle und natürlich die Sharing Economy.

Welchen Wert schaffen Kistenschieber hier noch?

Kunden konsumieren also, egal ob sie kaufen, mieten oder nur über die Produkte sprechen. Die Transaktion selbst wird immer abstrakter. Auch das ist ein Grund, warum es dem klassischen „Kistenschieber“ aktuell an den Kragen geht. In einer Welt, in dem der Besitz von Produkten immer weniger Wert zukommt, geht es Marktteilnehmern, die selbst kaum zur Wertschöpfung beitragen, zuerst an den Kragen.

(2 Bewertung(en), Schnitt: 5,00 von 5)
Loading...

Eine Reaktion zu “Harte Zeiten für Kistenschieber: Konsum hat nichts mehr mit Kaufen zu tun”

  1. Den Service von ByeBuy kannte ich noch nicht, aber es war ja eigentlich nur eine Frage der Zeit, wann sich das Leasing-Konzept auch auf hochpreisige Elektronik ausweitet. Gerade in Zeiten, in denen der technologische Fortschritt immer schneller wird und ein Smartphone nach einem Jahr bei vielen schon als überholt gilt, kann sich solch ein Angebot aber natürlich für beide Seiten rechnen. Viele Kunden möchten vielleicht schon früher als nach Vertragsende ein neues Modell und bekommen so die Möglichkeit, technisch immer auf dem neuesten Stand zu sein oder sich vielleicht sogar monatlich ein neues Produkt zu gönnen. Schauen müsste man halt wie viel Aufpreis damit einhergeht im Vergleich zu einem Direktkauf, aber ich gehe davon aus, dass der Zielgruppe dies nicht so wichtig ist wie die Möglichkeit, immer das technisch neueste Produkt zu nutzen.