Ist Showrooming (k)ein neues Phänomen?

Smartphone Nutzung
Foto: Wade Morgen (flickr.com)
Am Thema Showrooming scheiden sich die Geister. Während es für die einen eine klare Bedrohung darstellt, gibt es zunehmend auch Verfechter, die sich diese Entwicklung zu Nutze machen wollen.

Inspiriert durch einen Kommentar zum Freitagsbeitrag, der das Thema Showrooming auf humorvolle Weise aufgreifen sollte, möchte mich heute ausgiebiger damit beschäftigen.

Was ist Showrooming?

Mit Showrooming ist das Phänomen gemeint, dass Kunden stationäre Geschäfte nutzen, um sich über Produkte zu informieren. Gekauft wird anschließend online, nachdem das Internet für Preisevergleiche und Reviews zu Rate gezogen wurde. Läden übernehmen nur noch die Funktion von Showrooms, da die Produkte dort angeschaut, ausprobiert, aber nicht gekauft werden. Durch die zunehmende Verbreitung von Smartphones kann dies auch simultan geschehen.

Laut einer Studie von Deloitte werden 5% aller Offline-Käufe durch Smartphones beeinflusst. Damit sind App-Nutzung, Preisvergleiche und Informationssuche gemeint. Bis 2016 wird sich der Einfluss auf 16% erhöhen. Weitere Zahlen zur Nutzung von Smartphones in Bezug auf das Shoppingverhalten findet man auf etailment.de.

Showrooming als Bedrohung

Das Problem beim Phänomen Showrooming ist, dass das Risiko leicht vorstellbar ist, die Vorstellung über die Verbreitung daher eher überschätzt und folglich sehr emotional diskutiert wird.

Keine Frage, es ist ungerecht – die Händler bleiben auf den Kosten für Personal und Ladenfläche sitzen, der Onlinehandel streicht die Gewinne ein.

Entsprechend der hitzigen Reaktionen sind auch die Maßnahmen eher kurzsichtig. Teilweise ist davon die Rede, dass Händler WLAN in ihren Geschäften blocken, um zumindest dort die Kontrolle zu behalten.
Auch gibt es inzwischen Apps, die lokale Käufe fördern sollen, wie etwa „Tip or Skip“, wobei Freunde per Foto entscheiden, ob das anprobierte Kleidungsstück gekauft wird oder nicht.

Übersehen wird dabei, dass weder abgestelltes WLAN noch Apps etwas an globalen Trends im Handel ändern können. Die Abwanderung ganzer Branchen ins Web ist nicht neu, Mobile Shopping ist längst keine Randerscheinung mehr. Smartphones, und damit die Möglichkeit, sich nicht nur vor dem heimischen PC, sondern überall zu informieren, werden in Zukunft noch stärker verbreitet sein.

Von daher ist es gefährlich, in Bezug auf Showrooming von einer Bedrohung zu sprechen, auf die man mit konkreten Maßnahmen reagieren kann, da dies den Kern der Sache nicht erfasst. Showrooming an sich ist nicht das Problem, sondern ist lediglich ein griffiges Beispiel für die schon lange im Raum stehenden neuen Anforderungen an die Händler.

Showrooming = Transparenz

Showrooming zeigt vor allem eines: Den Wunsch des Kunden nach Kontrolle und Transparenz.

Wir alle möchten gerade bei hochwertigen, preisintensiven Gütern teure Fehlkäufe vermeiden, Risiken minimieren und uns Rat von anderen Menschen holen. Dabei ziehen wir die Meinung hunderter Amazon Kundenbewertungen der Erfahrung eines Einzelhändlers vor. Bevor wir dessen Filter vertrauen, wühlen wir uns zur Sicherheit noch einmal selbst durch Vergleichsportale, Produktkonfiguratoren und Kaufberater-Tests.

Das Anfassen und Anprobieren vor Ort ist nur ein weiterer Schritt in unserer Kaufentscheidungskette. Wer will dem einen Vorwurf machen? Wir leben in einer Optimierungsgesellschaft. Noch nie war es so einfach, rational und preisbewusst zu handeln, es stehen reichlich Informationen zu jedem erdenklichen Produkt zur Verfügung. In gewisser Weise hat man sich an das hohe Maß an Transparenz, das Online Shopping bietet, gewöhnt und möchte es auch beim „Offline“ Shopping nicht missen.

Das Problem sind eher stationäre Händler, die dieses Umdenken beim Kunden nicht wahrhaben wollen und nicht auf die neuen Bedürfnisse eingehen.

Fazit

Bei genauerer Betrachtung zeigt sich, dass Showrooming kein neues Phänomen ist. Nur zum Beispiel: Amazon gibt es seit 1998 in Deutschland. Spätestens seit dem war es möglich, statt gleich etwas zu kaufen, noch einmal im Internet gegenzuchecken.

Die erhöhte Aufmerksamkeit dafür rührt einerseits von der höheren Verbreitung von Smartphones und mobilem Internet her. War es früher noch eine Randgruppe, die akribisch die Preise verglich, gehört das heute für viele Kunden zum Kaufprozess dazu. Auch haben sie sich an die Transparenz und Auswahl des E-Commerce gewöhnt und möchten jetzt nicht mehr darauf verzichten.

Andererseits ist Showrooming auch ein griffiges Beispiel für die allgemeine Abwanderung der Kunden ins Internet, sozusagen das Problem „in a nutshell“. Die stationären Händler gehen leer aus, während der Onlinehandel floriert.
Neu daran ist höchstens der Name.

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2 Reaktionen zu “Ist Showrooming (k)ein neues Phänomen?”

  1. Hallo,

    vielen Dank für den interessanten Artikel! Ich bin sehr interessiert in dieses Thema und belese mich dazu seit Tagen, da ich an einem Fachartikel dazu arbeite.

    Weiter so :-)
    Fabian