Werbung im sozialen Umfeld: Unterschied zur klassischen Werbung

Die Möglichkeiten, Kunden zu erreichen und Kunden für ein Unternehmen zu gewinnen, wachsen mit der stetig ansteigenden Zahl an Kommunikations- und Absatzkanälen. Doch dies bedeutet nicht, dass sich automatisch ein größerer Erfolg verspricht. Denn die neuen Kanäle arbeiten nicht nur mit neuen Medien, sondern fordern auch neue Marketingkonzepte und –Strategien für eine erfolgreiche Werbung. Die klassischen Methoden der Kundenansprache lassen sich nur noch sehr schwer anwenden und sind in den meisten Fällen einfach obsolet:

Während man in Deutschland 1980 mit einem einzigen TV-Werbespot noch 4,1 Millionen potenzielle Kunden (ab 14 Jahren, da diese nach dem Gesetzt erst konsumfähig sind) erreichte, konnte man 2006 nur noch mit 0,6 Millionen rechnen. Dies lässt die Kosten pro Kunde erheblich steigen, während die Effizienz auf ca. 14,6 % sinkt.

Eine Studie von Jeffrey Cole zeigt, dass 2005 durchschnittlich 37% des Werbebudgets eines Unternehmens für TV-Werbung, 30% für Printmedien und 5% für Online-Werbung verwendet wurde. Problematisch war allerdings, dass schon damals die Zielgruppe der 18-bis 35-Jährigen „nur“ 13 Stunden die Woche Fernsehen schauten, nur etwa 2 Stunden lasen, aber schon 16 Stunden im Internet verbrachten (und schon dreiviertel der Altersgruppe 16 bis 29 handelte auf eBay oder bestellte Produkte online). Eine Tatsache, die abseits des Blickwinkels eines Werbenden bei kritischen Sichtweisen, wie sie beispielsweise von Neil Postman vertreten wurde, zu latenten Kopfschmerzen führt.

Nichtsdestotrotz: Diese Verlagerung der Mediennutzung ist daher zwingend für ein Umdenken des starren Vorgehens in der Werbung. Auch die klassischen Zielgruppen verschwinden zunehmend. Sozialdemografische Faktoren, wie Mindestjahreseinkommen und Familienstand, nach denen bisher die Zielgruppen charakterisiert wurden, greifen nicht mehr.

Auch der klassische Stereotyp, der leicht mit massenkompatiblen Produkten zufrieden gestellt werden konnte, stirbt im übertriebenen Sinne aus. „Schneller, billiger, größer, standardisierter“ – dieses Konzept der Massenproduktion ist tot gelaufen. Eine in diese Richtung abzielende Diskussion, konnte ich im Januar bei den Live Shooping Days auf dem Exceed Camp verfolgen, in der unter der Leitung von Murat Icer speziell auf das Thema „Wie komme ich als Onlineshop-Betreiber aus der Preisspirale raus“. Emotionalisierung und gute Produkte, etc. waren die Antworten, die aus Sicht des E- und Social Commerce zurückschnellte.

Die Vielzahl an Angeboten, die sich immer ähnlicher werden und oftmals auf Grund der Marktsättigung sich nur noch preislich in Cent-Beträgen voneinander unterscheiden, lässt keinen Platz mehr für „neue“ doch im Prinzip gleiche Produkte. Der Markt verlangt Differenzierung und Individualisierung der Produkte. Denn der moderne Kunde folgt nicht mehr primäre der Grundbedürfnisdeckung, sondern handelt nach seinen persönlichen Präferenzen, womit das Ergebnis der Forderung nach Emotionalisierung in die absolut richtige Richtung abzielt.

Ein neuer Typ von Kunde entsteht aus diesem Verschmelzen von Massenkonsum und Individualprodukten. Gedanklich illustriert bedeutet dies: der „hybrid“-Kunde geht zuerst in einen Feinkostladen und dann zu Aldi. Dieser Kunde setzt auch weniger auf die Angaben von Herstellern und Händlern zu Produkten, sondern informiert sich gezielter über die Waren.

Nicht selten sucht sich der erfahrene Nutzer dafür seine eigenen Peers im Social-Commerce-Bereich: Insbesondere setzt er auf Empfehlungen, Erfahrungsberichte, Produktbewertungen und Rezensionen von anderen Kunden, die sich vorzugsweise im gleichen sozialen Umfeld befinden oder seine Interessen und Ansprüche teilen.

Daher ist ein Umdenken im Umgang mit dem Kunden nötig, um dem Wettbewerb standzuhalten.

In ihrem Essay Die Kundenrevolution: Warum Unternehmen umdenken müssen“ (PDF, ca. 430 KB, Inhaltsverzeichnis aus dem Buch „Community Marketing“, in dem das Essay erschienen ist), fassen die beiden Autoren Alain Egli und Tobias Gremaud einige wichtige Erkenntnisse zusammen, die wir akzeptieren müssen:

  1. Das Vertrauen in Hersteller und Händler sinkt, das Vertrauen in Referenz-Meinungen anderer Kunden steigt.
  2. Konsumenten schließen Hersteller und Händler beim Netzwerk und Informationssammeln zunehmend aus.
  3. Das Ende des »einsamen Konsumenten« – er handelt immer mehr als Teil eines kollektiven Netzwerks.
  4. Die Konsumentenmärkte von morgen sind auf gesellschaftlicher Ebene verbundene Märkte.
  5. Zweit- und Drittmeinungen sind schneller und billiger erhältlich und selbst bei spontanen Meinungen die Norm.
  6. „Linking Value“: Verbindung ist wichtiger als das Produkt.
  7. Im Netz fußt das Vertrauen auf den Ruf. Rückmeldungen sind das neue Aphrodisiakum.
  8. Im Web 2.0 sind Firmen-Lügen ein Relikt vergangener Zeiten.
  9. Das Netz schafft soziales Kapital.
  10. Die Macht schiebt sich von B2B zu C2C.
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