E-Commerce-Vertriebskanäle als Hersteller: Der Händlershop | Teil 1

Grafik:oatsy40
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Die digitale Revolution hält seit geraumer Zeit nicht nur im Endkunden- sondern auch im Geschäftskundenbereich Einzug. Unternehmen, die das eigene Geschäftsmodell Dekaden lang nicht verändern mussten, müssen sich nun Gedanken über die Zukunft machen. Vor allem Hersteller zerbrechen sich den Kopf, da der direkte Verkauf ohne Zwischenhändler oft genau diese verärgert.
 
Und so stellen sich einige Fragen: Wie sollen die eigenen Produkte online vertrieben werden? Reichen dafür Marktplatzangebote wie Wucato oder Amazon Business? Ist ein eigener Onlineshop die Lösung? Wie groß ist der Kanibalisierungseffekt auf den bisherigen Vertrieb? Und wie bindet man bisherige Beteiligte – allen voran die „Zwischenhändler“ – weiterhin an das Unternehmen und umgeht sie nicht einfach?

In unserem 3-Teiler zu E-Commerce-Vertriebskanälen gehen wir genau diesen Fragen auf den Grund. Teil 1 beschäftigt sich mit den Händlershops.

Die komplexe B2B-Welt

Während „sexy“ Unternehmen beziehungsweise Marken wie Nike, Samsung oder Apple sowohl Hersteller als auch erfolgreicher Retailer sind, tun sich Unternehmen aus nicht ganz so attraktiven Branchen etwas schwerer. Nicht zuletzt der fehlende Bezug zum Endkunden, welcher ein klares und direktes Feedback abgibt, macht die Findung eines geeigneten digitalen Vertriebswegs schwerer.

Klimaanlagen, Schrauben, Dübel, Farben, Duct Tape, Baustoffe und so weiter – Produkte, die selten abends auf der Couch bestellt werden. Gängige B2C-Zielgruppen kennt der B2B-Hersteller nicht. Lediglich das Bedürfnis danach, Produkte für den beruflichen Bedarf genauso simpel bestellen zu können wie Produkte für den privaten Gebrauch, dient als Schnittmenge zwischen den unterschiedlichen Zielgruppen. Die eigene Zielgruppe kennen und verstehen lernen ist die erste Herausforderung.

Neben der Zielgruppe ist aber eine weitere Personengruppe ebenso relevant: Die Händler. Abhängig von der Branche spielen Händler die wichtigste Rolle, wenn es um die Umgestaltung des eigenen Geschäftsmodells geht. Die wenigsten Hersteller können ohne ein Händlernetzwerk existieren. Entscheidet sich beispielsweise ein Hersteller von Türklinken dazu, die eigenen Produkte in Zukunft verstärkt online selbst zu verkaufen, fliegen die jeweiligen Klinken kurzerhand aus dem Sortiment vieler Händler – das ist sicher. Die zweite Herausforderung besteht also darin, dem Händler nicht das Geschäft streitig zu machen, sondern bestenfalls den Mehrwert aus einem Händlernetzwerk zu ziehen.

Händler: Freund und Feind zugleich

Und genau diese zweite Herausforderung ist es, welche die Digitalisierung des Vertriebs bei Herstellern zu einem Minenfeld werden lässt. Zum einen möchte man den direkten Verkauf über eine eigene Plattform fokussieren, zum anderen kann der Händler davon nicht vollends ausgeschlossen werden. Zu tief ist das Wissen der Händler über die tatsächlichen User der Produkte (siehe Herausforderung eins). Und auch die Gefahr, dass weniger die Marke des Herstellers als die Marke des Händlers ein Kaufgrund ist.

3M-Händlerauswahl
3M-Händlerauswahl

Wie also den Händler in einen digitalen Vertriebsweg mit einbinden? Eine Möglichkeit sind die sogenannten Händlershops. Unter Händlershop ist in diesem Kontext ein Onlineshop gemeint, der prinzipiell vom Hersteller betrieben und den Händlern zum Vertrieb angeboten wird. In der Praxis nutzt beispielsweise 3M dieses Modell: Der User wählt zuerst ein Produkt aus. Anschließend kann er aus einer Liste an Händlern wählen, wo genau er dieses Produkt nun bestellen möchte. Nach der Auswahl des Händlers gelangt er schließlich auf den (grafisch sehr ähnlichen) Händlershop.

Vor- und Nachteile des Händlershops

Aus einem solchen Modell ergeben sich natürlich sowohl Vor- als auch Nachteile. Die technische Umsetzung ist beispielsweise etwas, das im Aufwand nicht vernachlässigt werden darf. Viele Shopsysteme bringen die Möglichkeit des Händlershops im Standard mit, wie beispielsweise Intershop oder aber auch Shopware. Hersteller müssen dann ihre Händler davon überzeugen, dass sich der Umzug auf den Händlershop gegen eine bestimmte Pauschale lohnt.

Möglicher Aufbau eines Händlershop-Konstrukts
Möglicher Aufbau eines Händlershop-Konstrukts

Ein solches Vorgehen bedarf natürlich schon vorweg intensiver Gespräche mit Händlern, die potenziell ein solches Angebot nutzen würden. Ist eine solche „Plattform“ dann aber schlussendlich umgesetzt, ergeben sich einige Vorteile. So wird (abhängig von der Umsetzung) dem Kunden ein einheitliches Markenerlebnis geliefert. Orientiert man sich am Beispiel von 3M, unterscheidet sich das Design der Händlershops nur marginal vom Webauftritt des Herstellers. Hersteller und Händler gehen so eine Symbiose ein, die das beste der beiden Akteure befördert. Je unkomplizierter alles für den Händler gestaltet wird, desto glücklicher wird dieser mit dem „eigenen“ Händlershop sein und dies schließlich weiterempfehlen.

Wie anfangen?

Wie genau geh ich mit einer solchen Idee an die Händler ran? Wie genau soll das alles überhaupt aufgebaut sein? Und bleibe ich als Hersteller allein auf den Kosten sitzen? Unser Strategie-Team hilft bei der Beantwortung dieser Fragen und unterstützt bei der Vor- und während der Umsetzungsphase.

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