Digital gegen Lebensmittelverschwendung: Es wird gegessen, was auf’s Smartphone kommt!

Durch Digitalisierung kann etwas gegen Lebensmittelverschwendung getan werden
Quelle: pexels

Äpfel und Birnen fallen gerade von den Bäumen, Trauben hängen an den Reben und bei uns im Büro werden Zucchini aus Eigenanbau in allen Größen verschenkt, da die Kollegen mit eigenem Garten das allein gar nicht alles essen können.

Die Natur ist verschwenderisch – doch die Nahrungsmittelindustrie und die Menschen sind noch verschwenderischer: Jedes achte Lebensmittel, das wir gekauft haben, wandert unverzehrt in die Tonne. Restaurants, Cafés und Bäckereien müssen sehr strenge Auflagen beachten und vieles am Ende des Tages entsorgen. Und jede Menge Produkte, die hergestellt und angebaut wurden, gelangen erst gar nicht in den freien Verkauf – zu krumm die Karotte, zu gedellt die Dose, fehlender Plastedeckel auf dem Joghurt …

Der digitale Wandel hilft gerade dabei, dass jeder Einzelne etwas gegen Lebensmittelverschwendung tun kann – indem er Essen zu reduzierten Preisen erwirbt, spannende Gerichte aus vermeintlich nicht zusammenpassenden Zutaten kocht oder indem Künstliche Intelligenz in Supermärkten autonom und automatisiert die Preise reduziert.

Digital gegen Lebensmittelverschwendung: Apps erleichtern Auswahl und Gewissen

In vielen Städten gibt es Food-Sharing-Regale, in denen Essen, das noch gut ist, neue Konsumenten finden kann. Doch viele Menschen stehen dieser Art, etwas gegen Lebensmittelverschwendung zu unternehmen, skeptisch gegenüber und bevorzugen es, lieber reduzierte Preise zu bezahlen und etwas zu retten, das ganz sicher noch gut ist. Hier setzt die App »Too Good To Go« seit einigen Jahren an. Bäckereien, Cafés, Supermärkte und Restaurants können sich dort registrieren und ihre Reste günstig anbieten. Die Portionen kann man dann via Paypal bezahlen und so für sich reservieren. Sollte nichts übrig bleiben, wird das ganze storniert; auch der Kunde kann die Essensorder bis zu einem gewissen Zeitpunkt noch rückgängig machen.

Das hat für beide Seiten ökonomische Vorteile: Kunden sparen bares Geld, denn sie können reguläre Portionen billiger bekommen – wenn der Bäcker um die Ecke am Wochenende nur bis 12 Uhr auf hat und man ohnehin erst um 11 Uhr aufsteht, umso besser. Gastronomen und Supermärkte verdienen an dem, was sie sonst wegschmeißen müssten, noch ein bisschen was. Und da verschenken oder containern ja verboten ist, tut auch niemand etwas Illegales.

Too Good To Go ist mittlerweile so bekannt, dass es in kleineren und mittleren Städten, in denen nicht so viele Läden mitmachen, schwer geworden ist, noch etwas über die App zu ergattern. Doch gerade in Metropolen und auf Reisen ist die App auch zu gebrauchen, um sich die kulinarischen Angebote in der Umgebung anzeigen zu lassen. Selbst wenn man dann vielleicht zu regulären Zeiten hingeht, hat man die Café-Auswahl zumindest in puncto nachhaltiges Engagement eingekreist und kleinere Lokale haben einen Marketing-Vorteil generiert.

Digital gegen Lebensmittelverschwendung: Rezepte wider den Müll

Kühlschrank auf. Kühlschrank schnell wieder zu. Da ist eine Packung Quark, gestern abgelaufen. Da sind ein paar runzelige Aprikosen, da ist ein Ei. Ferner vier latent schrumpelige Bio-Möhren, eine Gurke. Ups, die Gurke schimmelt schon am Strunk. Im Vorratsschrank befinden sich etwas Milchreis, Mehl und Zucker. Im Tiefkühlfach, da ist noch Butter. Und im Bauch, da regt sich Hunger. Was tun?

Mülleimer auf. Mülleimer schnell wieder zu. Gurke vorher rein. Mit den essbaren Resten lässt sich was machen – vor allem, wenn man eine Resterezepte-App hat. Das Bundesministerium für Ernährung hat eine solche zusammen mit Starköchen lanciert – »Zu gut für die Tonne«. Dort kann man zwei bis drei Zutaten eingeben, um die Kochphantasie anzuregen: Aus Quark, Mehl und Aprikosen kann man Marillenknödel machen, mit Butter und Zucker schmecken sie phantastisch. Mit Möhren, Reis und Brühe kann man ein Resterisotto zaubern. Risotto und Marillenknödel ergeben ein tolles Zwei-Gänge-Menü. Das muss man natürlich noch kurz fotografieren und über Social Media teilen.

Digital gegen Lebensmittelverschwendung: Künstliche Intelligenz für dynamische Preise

Wasteless ist ein israelisches Start-up aus Tel Aviv, das sich dem Kampf gegen Lebensmittelverschwendung analytisch verschrieben hat. Die Idee: Preise im Supermarkt dynamisch zu gestalten. So wird dem Camembert nicht nur am Tag vor dem Ablaufdatum ein 30%-Reduziert-Schild aufgetackert und er tags darauf entsorgt, sondern es fließen mehrere Parameter in die Echtzeit-Preisgestaltung ein und die Preissenkung beginnt früher.

Die Wasteless-Bepreisung basiert auf Machine Learning. Der Algorithmus nimmt Verfallsdaten, Nachfrage, Regalflächen, Regionalität, Markenbekanntheit, Lagerbestand aber auch Wetterdaten, Preise der Konkurrenz sowie aktuelle Einkaufspreise in die automatisierte Preisgestaltung mit auf. Neben diesen verdeckten Aspekten, geben die elektronischen Preisschilder von Wasteless den Kunden Auskunft über den regulären und den aktuellen Preis – bye bye rote Aufkleber, die auf Verpackungen zu pappen doch nur zusätzliche Arbeit und zusätzlichen Müll bedeuten. Die Kasse kann dann anhand des Barcodes erkennen, welchen Preis das Produkt gerade hat.

Digital gegen Lebensmittelverschwendung: Weniger Müll, mehr Umsatz

In Europa wird diese Art, Preise mithilfe Künstlicher Intelligenz nachhaltiger zu gestalten, bereits getestet: von der niederländischen Supermarktkette Albert Heijn, von Dia-Supermärkten in Spanien und von Iper in Italien.

Die Erfolge der Testwochen sprachen für sich: In Spanien konnte die Zahl der Frischetheken-Produkte, die in den Müll wandert, dank dynamic pricing von Wasteless um gut ein Drittel reduziert werden. In Italien verzeichnete man sogar einen Wegwerf-Rückgang von mehr als zwei Dritteln bei den Frischeprodukten. Zugleich konnten die Supermärkte dank KI-Unterstützung ihre Umsätze steigern.

Digital gegen Lebensmittelverschwendung: Megatrend Nachhaltigkeit

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