Fälschungen im E-Commerce: Warum verschickt Amazon so viele Plagiate?

Grafik:Travis Juntara
Grafik:Travis Juntara

Erst vor wenigen Wochen veranstaltete das Kaufhaus bei uns um die Ecke eine Ausstellung zum Thema Plagiate. Die gefälschte Bosch Kettensäge in kurzer Zeit erkennen? Unmöglich. Auch andere gefälschte Produkte waren kaum vom Original zu unterscheiden. Haben Fälscher früher den Namen der Firma falsch geschrieben, beispielsweise „Adodas“ statt „Adidas“, sind heutige Plagiate auf den ersten Blick hochwertig… aber dennoch Fälschungen.

Da es im E-Commerce sehr auf das Vertrauen in einen Shop ankommt, verwunderte es mich deshalb, dass Amazon anscheinend sehr stark mit Plagiaten zu kämpfen hat. Die Fälschungen werden nicht nur über den Marktplatz von anderen Händlern vertrieben, sondern auch von Amazon selbst, die diese in ihren Logistikzentren lagern. Doch wer trägt die Schuld daran? Ein Blick auf einen der größten Amazon-Konkurrenten gibt Aufschluss.

Wenn der Duft schnell verfliegt…

Aufmerksam auf die Thematik wurde ich durch einen Freund, der sich bei Amazon ein Parfüm bestellte, welches er schon seit Jahren nutzt. Nach kurzer Zeit merkte er, dass er über Amazon nicht das originale Parfüm, sondern eine Fälschung erhalten hat – zu schnell sei der Duft verflogen. Und tatsächlich: Einige Kundenrezensionen geben den Eindruck wieder, dass es sich tatsächlich um ein gefälschtes Parfüm handelte.

Amazon verschickt verwässerte Fälschungen dieses Produkts.
Amazon verschickt verwässerte Fälschungen dieses Produkts.

Eine Mail an den Hersteller des Parfüms, Jean Paul Gaultier, gab weiteren Aufschluss. Man sei nicht der Erste gewesen, der sich deswegen beschwert. Laut Jean Paul Gaultier besitzt Amazon nicht einmal eine Lizenz dafür, das originale Parfüm verkaufen zu dürfen. Wie viele gefälschte Parfüme unbemerkt verschickt wurden, ist nicht klar. Denn das Problem bei diesen Produkten ist, dass prinzipiell nur der „Kenner“ die Fälschung identifizieren kann.

12 Akkus bestellt, alle gefälscht

Aber nicht nur Parfüm, sondern auch gefälschte Akkus verschickt das US-amerikanische Unternehmen. Das c’t-Magazin bestellte 12 Akkus der Firma Samsung. 8 wurden bei Marktplatzhändlern gekauft, 4 bei Amazon direkt. Es stellte sich heraus, dass es sich bei allen Akkus um Fälschungen handelte. Was man dem Marktplatzhändler mit zwei zugedrückten Augen noch verzeihen könnte, sollte dem Big(gest) Player Amazon nicht passieren.

Wer hat Schuld am Versand von Plagiaten?

Es stellt sich natürlich die Schuldfrage. Den Schwarzen Peter schieben Händler auf die Lieferanten, diese schieben ihn wiederum weiter auf ihre Lieferanten…usw. Klar ist, dass mit gefälschten Waren ein ordentlicher Reibach gemacht werden kann. Nicht zuletzt deshalb, weil der Zugang zu Plagiaten einfacher ist als je zuvor. Also, wo kommen gefälschte Akkus und Co. her?

Es lohnt sich ein Blick auf die Konkurrenz von Amazon: Alibaba. Kosten Akkus für’s Samsung Galaxy S3 auf Amazon bis zu 17 Euro, bekommt man die Akkus auf Alibaba für 2-3 Dollar. Laut c’t-Magazin stieg auch die Anzahl gefälschter Akkus, die der Zoll aus dem Verkehr gezogen hat. Während die Behörde 2011 7.000 Akku-Plagiate sicherstellte, waren es 2014 schon mehr als 45.000.

Auf Alibaba muss oft der Preis verhandelt werden. Nach schneller Suche fand ich einen als von Samsung gekennzeichneten Akku für das Samsung S3 Mini. Den Händler angeschrieben und per Chat nach 1 Minute eine Antwort erhalten. Die nette Dame schickte mir einen Preisvorschlag (2,1 USD/Stück), sowie ein Bild des Akkus, das allerdings nicht mit dem Bild in der Produktbeschreibung übereinstimmte. Erst auf Nachfrage gab man zu, dass es sich nicht um originale Samsung-Akkus handle, das Produktbild suggerierte aber das Gegenteil.

Amazon Fälschung
Ein Hersteller für Eiswürfelbehälter, der seine Produkte über Amazons Marketplace verkauft, hat eine weitere Erfahrung gemacht: Verzögerte er die Lieferung seiner Produkte an das Logistikzentrum Amazons, von wo aus die Eiswürfelbehälter verschickt werden, erhöhte sich der Anteil an gefälschten Produkten. Dies habe der Produzent bei Stichproben festgestellt. Das Problem ist, dass Amazon anscheinend Produkte unterschiedlicher Zulieferer und Verkäufer in seinem Lager vermischt und diese unkontrolliert versendet. Bestellt man Produkt A bei Unternehmen A, kann man Produkt X von Unternehmen B bekommen – ein wirres Durcheinander.

Was tut Amazon gegen Plagiate?

Der Internetriese beschwichtigt natürlich. Man gehe der Sache nach und gelinkte Kunden können das Produkt zum aktuellen Preis zurückgeben. In einigen Fällen reagierte Amazon umgehend auf die Kritik der Hersteller, wie beispielsweise beim Hersteller von Hifi-Komponenten Bose.

Wie hoch die Dunkelziffer an Plagiaten ist, die Amazon umherschickt, ist unklar. Doch werden die hier genannten Beispiele keine Einzelfälle sein, so viel ist sicher.

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3 Reaktionen zu “Fälschungen im E-Commerce: Warum verschickt Amazon so viele Plagiate?”

  1. Hi Nico,

    die Problematik wird immer mal wieder thematisiert. Soweit ich weiß ist die Info richtig, dass es an der Lagersystematik liegt. Die werfen Produkte von Marketplace-Händlern und Amazon-Eigene Produkte quasi auf einen Haufen, weil es theoretisch egal ist, aus welcher Quelle die Bestellung erfüllt wird.

    Standardisierte Produkte sind ja eh identisch. Zumindest in der Theorie…

    Viele Grüße,
    Jochen

  2. Im Falle des Parfums und vieler anderer Produkte versagt die Theorie allerdings. Amazon wird da aber sicherlich mit Kalkül arbeiten:

    Kosten durch mehr Lagerraum > Kosten der reklamierten Produkte

    Spätestens wenn der Pfeil in die andere Richtung zeigt beziehungsweise das Image zu stark beschädigt wird, wird Amazon darauf reagieren. Solange muss man wohl noch hoffen, keine Fälschung zu bekommen.