Digitale Mediennutzung mit Weitsicht – #HK2024 Onleihe (divibib) im Interview

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Quelle: dotSource

Digitalisierung verändert die Art und Weise wie wir arbeiten, kommunizieren und konsumieren. Das führt dazu, dass Erwartungen von Verbraucherinnen und Verbrauchern sich permanent weiterentwickeln. Unternehmen haben die Aufgabe, auf diesen Wandel zu reagieren und moderne Technologien zu ihrem Vorteil zu nutzen.
Bibliotheken haben so die Möglichkeit, ihre Produkte einfach und bequem online anzubieten. Die dafür bekannteste übergreifende Plattform, auf der eBooks, ePaper, Hörbücher sowie eLearning-Materialien angeboten werden, ist die Onleihe-App von der divbib GmbH.
Wie es dem Unternehmen gelang, mehrere Digitalprojekte zu einer nutzerfreundlichen, barrierearmen Plattform zu vereinen, darüber spricht Product Owner Marcus Schmidt am 06. März 2024 auf der Handelskraft Konferenz.

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Einen ersten Einblick über die Gestaltung moderner, konsistenter und personalisierte Erlebnisse gibt er bereits im Interview.

Bücherleidenschaft und IT-Interesse: eine ungewöhnliche Kombination mit Erfolgspotenzial

Marcus ist seit 10 Jahren bei divibib und hat bereits mehrere Entwicklungsstufen der Onleihe-App begleitet. Eben gerade diese kontinuierliche Weiterentwicklung macht die App bei Anwenderinnen und Anwendern so beliebt.
Als Product Owner für die Onleihe 3.0 vereint er sein technisches Know-how mit seiner Leidenschaft für die digitale Mediennutzung. Gemeinsam mit seinem Team vereint er mehrere digitale Disziplinen in einem Multistream-Projekt um mit der Onleihe-App das bestmögliche Erlebnis für User zu bieten.

Marcus, dein Studium in Bibliotheks- und Informationsmanagement ist eher ungewöhnlich. Wie kam es dazu, dass du dich für diesen Studiengang entschieden hast?

Generell hatte ich schon von klein an ein reges Interesse am Lesen und allem, was mit Büchern zu tun hat. Ich gehöre vermutlich noch mit zu einer Generation, die maßgeblich durch Harry Potter Bücher und deren Veröffentlichungen geprägt war (und ist).

Das Bibliotheksstudium war jedoch erst die zweite Station in meinem Studentenleben. Zuerst habe ich erfolgreich ein Studium der Informationssystemtechnik abgebrochen. Die höhere Mathematik hat mir dann doch die Lust an diesem Studiengang geraubt und ich habe mich danach bewusst nach Studiengängen ohne Mathematik umgeschaut.
Das hat mich im Endeffekt nach Stuttgart zum Bibliotheksstudium geführt, bei dem es maßgeblich trotzdem noch um Daten- und vor allem Managementthemen ging.

Durch meine eher etwas ungewöhnliche Mischung aus IT-Interesse und einer Passion für Bücher hat sich der Werdegang dann sehr schnell klar dargestellt. Vor allem, dass sich meine Tätigkeiten dann eher in eine sehr digitale und moderne Richtung bewegt haben.
Wenn auch das Bibliotheksstudium und der Berufsstand manchmal, zu Unrecht, als etwas eingestaubt und veraltet eingeschätzt wird.

Wie Digitalisierung das Bibliothekswesen wandelt

Du warst nach deinem Studium schon für die erste Neuauflage der Onleihe-App zuständig. Welche Learnings aus diesem Projekt kannst du für die »Onleihe 3.0« mitnehmen?

Grundsätzlich merkte man bei der ersten größeren Neuauflage bereits einen deutlichen Umbruch in der Wahrnehmung und Handhabung der mobilen Welt und der Erwartungshaltung der User. Während die Onleihe 2007 noch vor dem ersten iPhone auf den Markt kam und die erste App 2011 entwickelt wurde, ist die erste große Neuauflage zwischen 2015 und 2017 schon unter einem anderen Stern entstanden.

Es war bereits klar, dass die mobile Welt eine sehr starke, wenn nicht dominante Rolle spielt. Waren Apps in den frühen 2010ern noch eher Spielereien, wurde diese Plattform immer stärker und führte bereits 2015 zu der Annahme: Wir entwickeln dies als führende Plattform. Die Desktop-Alternativen spielten zu dem Zeitpunkt jedoch nach wie vor eine sehr starke Rolle.

Die zweite wichtige Erkenntnis war, dass die ursprüngliche Individualisierung – die wir 2007 den Bibliotheken noch eingeräumt und vorgesehen hatten – zunehmend irrelevanter wurde. Die Onleihe hatte sich als Marke etabliert und das Wort bereits Einzug in den Duden gefunden. Somit war jeder digitaler Ausleihvorgang bereits eine »onleihe« und nicht einfach nur eine digitale Verlängerung der Bibliotheken. Damit stellten sich nun aber andere Aufgaben: Zentralisierung, Wiedererkennbarkeit und Vereinheitlichung streckten erste Fühler aus.

Auch sank die Akzeptanz der User, andere Apps oder »Umwege« zu nutzen, um Copyright geschützte Inhalte über alternative Player zu öffnen. Die Onleihe-App hatte in ihren ersten Versionen keine Reader oder Player Funktion für die Medien direkt in die Plattformen integriert. Dies war auch bedingt durch die damaligen üblichen Digital Rights Management (DRM) Lösungen. Dieser technische Unterbau wurde mit der Neuauflage flächendeckend abgelöst.

Es war bereits dann klar, dass die Erwartungshaltung der User – dass eine App alles können sollte – sich klar in diese Richtung weiterentwickeln würde.

An welchem Punkt habt ihr entschieden, dass es eine Onleihe 3.0 braucht?

Grundsätzlich ist die Onleihe seit Ihrer Entstehung organisch gewachsen. Die Bedürfnisse haben sich in einer weniger dynamischen Umwelt – dem Bibliothekswesen – sehr schnell und stark verändert. Nicht nur der technische Hintergrund, zum Beispiel der Wandel von Desktop auf Mobile, sondern auch externe Einflüsse wie die Finanzkrise Ende der 2000er und die Flüchtlingskrise Mitte der 2010er, haben immer wieder andere Notwendigkeiten an die Bibliotheken und deren Digitalisierung gestellt.

So zeichnete sich zunehmend die Notwendigkeit ab, diese gewachsenen Strukturen mit einem einheitlichen Blick, der Vereinfachung der Code-Strukturen auch in Hinblick auf Leistungsfähigkeit, Wartbarkeit, Nachhaltigkeit und Barrierearmut anzupassen.

Neue Kundenerwartungen erfordern nutzerfreundliche Featuers

Welche Rolle haben wachsende Erwartungen der User dabei gespielt?

Eine enorme Rolle. Gerade in Hinblick auf die Zeitachse, bei der die Onleihe vor dem ersten iPhone konzeptioniert und entwickelt wurde und im Hinblick darauf, dass die Akzeptanz für die mobile Welt, im Bibliothekssektor in einem eher moderaten Tempo vonstatten ging. Dementsprechend waren die Voraussetzungen und Erwartungen für User am Ende der 2000er und auch in der Mitte der 2010er völlig andere, als dies jetzt der Fall ist.

Unlängst sind Apps und deren Services grundlegend akzeptiert und es hat sich eine gewisse Erwartungshaltung zur Nutzung, Navigation, Performance und Leistung etabliert. Völlig unabhängig für welchen Service und in welchem Kontext die App genutzt wird. Diesen Erwartungen wollen wir natürlich gerecht werden.

Insofern hat sich also bei dieser Neuauflage einiges zu den vorherigen Iterationen verändert. Die User sind dabei kategorisch in den Vordergrund getreten.

Was erwarten User von einer App? Und welche zusätzlichen Herausforderungen bringt eine App für die Verwaltung von Medien mit sich?

Je nach Zielgruppe, gibt es nach unserer Erkenntnis auch sehr unterschiedliche Erwartungshaltungen. Es gibt aber Prinzipien, die sich mittlerweile über alle User erstrecken. Diese umfassen die Performance, die Usability, die Navigation und die Leistungen, die man über andere, artverwandte Apps mittlerweile verinnerlicht hat.

Allerdings steht die Onleihe-App vor weiteren spezifischen Anforderungen. Zum einen arbeiten wir mit Schnittstellen zu den lokalen Bibliotheken. Das heißt, die gesamte Benutzerverwaltung findet nicht in unserem System statt, sondern in denen der Bibliotheken. Das hat die Vorteile, dass der Datenschutz hier sehr solide ist. Keine unnötigen Daten wandern über die Systeme der Onleihe. Aber das heißt auch, dass wir keine Hoheit über die Freischaltung und Eignung der Benutzerinnen und Benutzer zum Anmelden haben. Diese Aspekte der Nutzung und des Designs auch an die User zu vermitteln, ist eine besondere Herausforderung.

Auch sind wir vertraglich verpflichtet, eine von den Verlagen abgenommene DRM-Lösung zu integrieren, der den Konsum der geliehenen Bücher gewährleistet und adäquat vor unlauteren Kopien schützt. Dass dies nicht immer zu der besten Nutzererfahrung führt, ist nicht nur in unserer Branche ein größeres Thema.

Ziel war es hier dennoch, die Reibungspunkte für die User minimal zu gestalten und notwendige Schnittstellen-Abfragen so in den Hintergrund zu legen, dass Anwenderinnen und Anwender möglichst nichts mitbekommen. Dennoch sind dies deutlich höhere Herausforderungen, als wenn alle Kontaktpunkte im eigenen System liegen.

Das Thema der Medienverwaltung hat auch bei der Onleihe nochmal eine Eigenheit, da die Medien nur für einen bestimmten Zeitraum verfügbar sind. Nach spätestens vier Wochen sind die Medien erstmal nicht mehr zu nutzen. Das muss den Usern natürlich gut erklärt und nachvollziehbar angezeigt werden.

Auch Aspekte wie geräteübergreifende Synchronisation von Lese-/Hörständen, Wiedergabeoptionen und die Darstellung und Funktionsweise eines Players, werden von Usern mittlerweile als selbstverständlich angesehen.

Erst das Konzept dann die Umsetzung: Mit Design-First zur verbesserten User Experience

Für die Konzeption nutzerfreundlicher Apps müssen verschiedene Disziplinen einbezogen werden. Wie ist es euch gelungen, App Entwicklung, User Experience Design und Digitalmarketing unter einen Hut zu bekommen?

Schon zu Beginn des Projekts war uns klar, dass die Usability und Zufriedenheit der User an erster Stelle stehen. Das heißt, wir sind bewusst mit einem Design-First-Ansatz in das Projekt gestartet. Mit Best Practice, bekannten Pain-Points des aktuellen Systems, Nutzerbefragungen, Analysen und Testings haben wir zunächst das Design und die Art und Weise der Navigation sowie die generelle Handhabung der Plattformen definiert. Erst dann sind wir in die tatsächliche technische Umsetzung gegangen.

Natürlich müssen auf dem Weg zum finalen Projekt diverse Hindernisse überwunden und Kompromisse geschlossen werden. Immer mit Hinblick auf die bestmögliche Erfahrung für die User. Dementsprechend hat sich die App-Entwicklung dieser Prämisse unterordnen müssen.

Das Digitalmarketing folgt dem finalen Produkt und unterstützt auch hier vor allem die Bekanntmachung des neuen Produkts und den Wechsel von der alten auf die neue Plattform.

Welche Rolle spielt Künstliche Intelligenz in eurem Digitalisierungsprojekt?

In der tatsächlichen Entwicklung und für die Erfahrung der Anwenderinnen und Anwender spielt Künstliche Intelligenz bisher keine Rolle. Wir sehen jedoch das eindeutige Potenzial in der Aufbereitung der angelieferten Verlagsdaten der Produkte, beziehungsweise deren Veredlung. Dazu gehört zum Beispiel auch die Möglichkeit, Empfehlungen für User und Bibliotheken umfassend zu gestalten.

Nicht zuletzt beobachten wir auch die Entwicklungen im Hinblick auf Unterstützung bei der Nutzung oder wie Hilfestellungen im Fehlerfall intelligent eingesetzt werden können.

Dies sind jedoch eher Ausblicke für mögliche zukünftige Entwicklungen. Im Bereich der öffentlichen Bibliotheken sind neue Technologien im Hinblick auf Datenschutz und Ethik mit großer Sorgfalt zu betrachten. Etwas, das bei KI schließlich nicht erst seit kurzem diskutiert wird.

Ein digitales Produkt mit Kundenfokus auf der Handelskraft Konferenz 2024

Du bist zum ersten Mal bei der Handelskraft-Konferenz dabei. Was erwartest du von dem Event?

Ich erwarte eine spannende Konferenz mit diversen Themen zu aktuellen Technologien und deren konkrete Umsetzung in einer noch dynamischeren Welt.

Auch freue ich mich über einen tollen Austausch mit anderen Firmen, die sich ebenfalls stetig anpassen und neu erfinden müssen.
Idealerweise nehme ich diverse Denkanstöße mit, die uns als Onleihe helfen, ein noch besseres Produkt für die User und die Bibliotheken abzuliefern.

Und was können die Teilnehmenden von deinem Vortrag erwarten?

Vom Vortrag kann man einen spannenden Einblick in die Herausforderungen eines digitalen Produkts erwarten, das sich selbst mehrfach neu entdecken und weiterentwickeln musste und muss. Die digitale Transformation findet bei divibib nicht von der physischen in die digitale Welt statt. Sie ist bereits digital und muss sich hier ständig neu entwickeln. Das alles in einer Nische, die den sonstigen Teilnehmenden womöglich eher unbekannt ist und deren Wahrnehmung gerne mal im Hintergrund passiert: den Bibliotheken.

Darauf sind wir sehr gespannt. Vielen Dank für deine Zeit und wir sehen uns im März 2024.

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