Programmieren als Schulfach – Wahl oder Pflicht? [5 Lesetipps]

Programmieren Schulen
Quelle: dotSource

Im Jahr 2013 war das Internet laut Angela Merkel »für uns alle Neuland«. Danach entstanden Konzepte, die die Digitalsierung in Deutschland voranbringen sollten. 2016 folgte dann die Aufforderung der Bundeskanzlerin: »Ich glaube, dass die Fähigkeit zum Programmieren eine der Basisfähigkeiten von jungen Menschen wird, neben Lesen, Schreiben, Rechnen«.

Bis jetzt hat sich dennoch nicht allzu viel auf dem Stundenplan der deutschen Schüler geändert. Aber ist es überhaupt notwendig, Programmieren auf eine Stufe mit Lesen, Schreiben und Rechnen zu setzen? Oder ist diese »neue« Fähigkeit schon bald gar nicht mehr so notwendig, wie derzeit viele glauben?

Programmieren an Schulen etablieren

Für die jüngsten Schüler sollten die neuen Kurse nicht unbedingt auf das Erlernen von Programmiersprachen wie Java, HTML oder C ++ ausgerichtet sein. Vielmehr sollten die Kinder die notwendige Logik für das Programmieren erlernen. Das dies auch sehr gut spielerisch und kindgerecht funktionieren kann, zeigt »Cubetto«. Mit einzelnen Blöcken können zum Beispiel Befehle für einen kleinen Holzroboter erstellt werden.

Programmieren an Schule mit Cubetto
Quelle: Cubetto

Für die älteren Jahrgänge kann es mit den ausgebauten Grundlagen dann an die ersten kleinen Programme gehen. Der Fokus sollte hier nicht auf der Erstellung ausgereifter Projekte liegen, sondern auf dem Verständnis des Großen und Ganzen hinter dem Programmieren.

Programmieren an internationalen Schulen

Ein Blick in andere Länder dieser Welt zeigt, dass es auch hier geteilte Meinungen über Programmierkurse in Schulen gibt.

China

Anders als vielleicht erwartet, ist das Programmieren an chinesischen Schulen kein Pflichtfach und wird hier nur selten angeboten. Viele chinesische Eltern sind aber von der Bedeutung dieser Fähigkeit überzeugt und schicken ihre Kinder daher in private Kurse.

»Sogar Tim Cook sagt, dass das Erlernen des Programmierens wichtiger ist als Englisch als Zweitsprache. Ich bevorzuge diese Programmierkurse, weil sie meinem Sohn die Chance gegeben haben, Probleme mit seiner eigenen Logik zu lösen. Und das alles passierte in einem Spiel«, sagt Zhu Ming, Vater eines elfjährigen Jungen, der privaten Programmierunterricht erhielt.

Israel

Fachkräftemangel – nicht nur bei uns in Deutschland ein Problem und heiß diskutiertes Thema. Auch Israel versucht diese Herausforderung zu meistern. Gerade im IT-Bereich und in Start-ups werden Digital Natives gesucht. Deshalb steht die digitale Ausbildung der Jugend ganz weit oben auf der Agenda der israelischen Regierung. In Zusammenarbeit mit zahlreichen Universitäten entsteht eine Vielzahl von Workshops. In offenen Räumen können die Schüler*innen an ihren eigenen Projekten arbeiten und erhalten Unterstützung von Experten.

Estland

Wenn es um Programmieren an Schulen und fortschrittliche Digitalisierung geht, kommt man an unseren europäischen Freunden aus Estland nicht vorbei. Egal ob bei Digitalisierung des Gesundheitssystems oder des Staatsapparats: Estland gibt bei IT-Themen in Europa den Ton an. Schon 2012 etablierte Estland das Schulfach Programmieren an seinen Schulen. Und das ab der ersten Klasse!

Die estländische Projektleiterin Ave Lauringson: »Wir haben nur 1,3 Millionen Menschen, daher ist es sehr einfach, solche Projekte zu entwickeln. Estland ist wie ein kleines Musterland, um neue Projekte wie dieses zu starten.« Sie fügt jedoch einen Hinweis zur Vorsicht hinzu: »Wir wagen es, aber wir wissen nicht, was passieren wird.«

Das sich dieses Wagnis durch aus lohnt, zeigen aktuelle Zahlen. In keinem anderen Staat gibt es so viele Start-ups pro Einwohner wie in Estland. Und diese sind auch noch sehr erfolgreich. Mit einer großen Anzahl an sogenannten Unicorn-Firmen, also Start-ups mit einem Marktwert über eine Milliarde Dollar, macht das kleine osteuropäische Land auf sich aufmerksam. Bekanntestes Beispiel: Skype.

Programmieren an Schulen – nur Zeitverschwendung?

Auch in Deutschland sind sich Experten nicht ganz einig, ob die Einführung des Programmierunterrichts an deutschen Schulen sehr sinnvoll ist.
»Wer programmieren kann, kann programmieren – was aber dringend und immer schmerzlicher fehlt, ist ein Verständnis der Zusammenhänge einer digital vernetzten Welt und nicht ihrer kleinsten Bausteine. Es lässt sich grob mit dem Kenntnisunterschied zwischen einer Stadtplanerin und einem Maurer vergleichen, wenn man das Ziel hat, eine Stadt zu verstehen.« – so Sascha Labo in seinem Artikel »Programmieren lernen hilft nicht« für den Spiegel.

Vielleicht ist Programmieren in ein paar Jahren auch gar nicht mehr so wichtig, wie wir heute glauben. Künstliche Intelligenzen und die Weiterentwicklung der Digitalisierung könnten dazu führen, dass wir mehr und mehr mit unserer natürlichen Sprache »programmieren«. Das Erlernen einer neuen Sprache wie Java wäre dann nicht mehr erforderlich.

Unsere 5 Lesetipps der Woche

Programmieren lernen hilft nicht [Spiegel Online]

Beim Thema digitale Bildung lohnt sich ein Blick nach Israel [Handelsblatt]

Get With the Program: China’s Coding Kids [Sixth Tone]

Programmieren schon in der Grundschule [Deutschlandfunk]

Coding In Education [Open Colleges]

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